Jan van Aken
Jan Paul van Aken (* 1. Mai 1961 in Reinbek) ist ein deutscher Politiker (Die Linke). Der promovierte Biologe arbeitete von 2004 bis 2006 als Biowaffeninspekteur für die UN und war von 2009 bis 2017 Mitglied des Deutschen Bundestages. Seit Oktober 2024 ist er gemeinsam mit Ines Schwerdtner Bundesvorsitzender der Linkspartei. Zusammen mit Heidi Reichinnek tritt er bei der Bundestagswahl 2025 als Spitzenkandidat an.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Jan van Aken, Sohn einer katholischen[1] Sekretärin und eines Werkzeugmachers,[2] wuchs in Glinde-Wiesenfeld bei Hamburg auf. Während seiner Jugend war van Aken Ministrant[1] und früh politisch aktiv. Nach seinem Abitur an der Reinbeker Sachsenwald-Oberschule im Jahr 1980 campierte er in der Republik Freies Wendland gegen das atomare Endlager in Gorleben. Im Anschluss an seinen Zivildienst im Hamburger Karolinenviertel studierte van Aken Biologie an der Universität Hamburg. Nach dem Abschluss als Diplom-Biologe (1989) und seiner Promotion (1993) arbeitete er von 1997 bis 1998 als Gentechnikexperte und Aktivist bei Greenpeace.
Im Jahr 1999 gründete er zusammen mit dem US-amerikanischen Biosicherheitsaktivisten Edward Hammond und der kolumbianischen Rechtsanwältin Susana Pimiento die NGO Sunshine Project[3] für Recherchen zu möglichen Verstößen gegen die internationale Biowaffenächtung.[2] Diese mobilisierte erfolgreich gegen den von den Vereinigten Staaten geplanten Einsatz genmanipulierter Schimmelpilze der Art Fusarium oxysporum, genannt „Agent Green“, zur Vernichtung pflanzlicher Drogen.[2]
2003 gründete er die „Forschungsstelle Biowaffen und Rüstungskontrolle“ an der Universität Hamburg. Von 2004 bis 2006 war Jan van Aken Biowaffeninspekteur für die Vereinten Nationen.
Nach der Rückkehr nach Hamburg im Anschluss an seine Tätigkeit für die UN trat van Aken der Linkspartei bei und wurde zwei Jahre später deren Spitzenkandidat bei der Bundestagswahl 2009 in Hamburg. Von 2012 bis 2013 war er stellvertretender Vorsitzender der Partei und von 2016 bis 2022 Mitglied des 44-köpfigen Bundesvorstandes. 2025 gab er an, 2016 die Geheimdokumente der Verhandlungen zum Freihandelsabkommen TTIP geleakt zu haben (→ Siehe: TTIPleaks).[4] Im Jahr 2017 meldete er die größte Demonstration gegen den G20-Gipfel in Hamburg an.[5]
Nach dem freiwilligen Ausscheiden aus dem Bundestag 2017 arbeitete van Aken freiberuflich für verschiedene internationale Organisationen, darunter 2019 ein Jahr lang für die Weltgesundheitsorganisation. 2022 wurde er Referent für internationale Konflikte bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung.[6] Dafür lebte er zunächst in Tel Aviv, bis er drei Tage nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel im Oktober 2023 ausfliegen konnte.[7][8][9]
Jan van Aken betreibt zusammen mit Linda Peikert einmal im Monat den Podcast dis:arm.[10]
Privates
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Jan van Aken ist Vater von drei Kindern.[11]
Politische Ämter
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bundestagsabgeordneter
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Mandate und Ausschusszugehörigkeit
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Jan van Aken zog nach der Bundestagswahl 2009 über die Hamburger Landesliste der Partei Die Linke in den 17. Deutschen Bundestag ein. Von 2009 bis 2011 war er stellvertretender Vorsitzender der Linksfraktion und seit 2012 deren außenpolitischer Sprecher. Für die Bundestagswahl 2013 war van Aken Direktkandidat der Linken für den Bundestagswahlkreis Hamburg-Altona. Er zog wieder über die Landesliste in den 18. Deutschen Bundestag ein und war zunächst stellvertretendes Mitglied des Hauptausschusses,[12] der aufgrund der langwierigen Koalitionsverhandlungen eingerichtet wurde und bis zur Konstituierung der ständigen Ausschüsse bestand.[13]
In beiden Wahlperioden war van Aken ordentliches Mitglied des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages und stellvertretendes Mitglied in dessen Unterausschuss für Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung,[14] in der 18. Wahlperiode zusätzlich stellvertretendes Mitglied im Verteidigungsausschuss und ordentliches Mitglied im Gremium nach § 23c Absatz 8 Zollfahndungsdienstgesetz.[15]
Im Juni 2016 kündigte van Aken an, bei der Bundestagswahl 2017 nicht mehr anzutreten, weil er für eine generelle Mandatszeitbegrenzung von Abgeordneten eintrete.[16]
Am 10. November 2024 wurde angekündigt, dass van Aken und Heidi Reichinnek als Spitzenkandidaten ihrer Partei bei der Bundestagswahl 2025 antreten werden.[17]
Aufhebung der Immunität
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Am 29. November 2012 hob der Deutsche Bundestag aufgrund einer Vorlage des Immunitätsausschusses die Immunität van Akens und dreier weiterer Abgeordneter der Linken auf. Sie hatten sich 2010 beim Castor-Transport in Niedersachsen an einem Aufruf zum Schottern – also zum strafbaren Entfernen von Steinen unter Bahngleisen – beteiligt. Im April 2013 wurde er deshalb vom Amtsgericht Lüneburg wegen einer öffentlichen Aufforderung zu Straftaten zu einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu je 150 Euro verurteilt.[18][19] Zwei Wochen danach verurteilte das Landgericht Lüneburg Sevim Dağdelen, Inge Höger und Christel Wegner wegen ihrer Beteiligung an dem Aufruf zum Schottern zu Geldstrafen.[20]
Ko-Parteivorsitzender
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im August 2024 verkündete van Aken – neben Ines Schwerdtner – seine Kandidatur für den Bundesparteivorsitz der Linken.[21] Zwei Tage zuvor hatten die Parteivorsitzenden Janine Wissler und Martin Schirdewan erklärt, auf dem Parteitag im Oktober 2024 nicht erneut kandidieren zu wollen. Am 19. Oktober 2024 wurde Jan van Aken – gemeinsam mit Ines Schwerdtner – zum Parteivorsitzenden gewählt. Seine Bewerbungsrede kreiste um Milliardäre, Mindestlohn und Mietendeckel.[22]
Politische Positionen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Van Aken betrachtet die u. a. von Friedrich Merz (CDU) vertretene Position zur Migrationspolitik – Ausbürgerungen (die eine Grundgesetzänderung erfordern würden[23]) in jenen Fällen anzuwenden, in denen Menschen mit mehrfacher Staatsbürgerschaft nach Erhalt der deutschen Staatsbürgerschaft mehrfach straffällig werden[24] – als rassistisch.[25]
Anfang November 2024 besuchte van Aken die Ukraine, darunter Butscha, und erklärte, dass er Waffenlieferungen ablehne und stattdessen unter anderem konsequentere Sanktionen gegen Russland befürworte. Dabei betonte er, dass er auf der Seite der Menschen in der Ukraine stehe.[26]
Schriften (Auswahl)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Entwicklung und Erprobung von Fixierungsverfahren für Experimente an Pflanzen unter Mikrogravitation. Dissertation. Universität Hamburg, 1993, DNB 940943395.
- (Hrsg.): Das NGO-Handbuch: non-governmental organisations. Greenpeace Media, Hamburg 2007, ISBN 978-3-9811689-0-7.
- Made in Hamburg – tödlich weltweit: Rüstungsindustrie in Hamburg. Selbstverlag, Hamburg 2011 (uni-hamburg.de [PDF; 819 kB]).
- «Kein Panzer geht in Kriegsgebiete»: Irrtümer und Mythen über Waffenexporte – und warum wir ihr Verbot brauchen (= Luxemburg-Argumente. Band 16). Rosa-Luxemburg-Stiftung, Berlin 2018 (rosalux.de [PDF; 10,2 MB]).
- mit Cornelia Ihl: Droht ein neues Wettrüsten? (= Online-Studie. Nr. 5/2024). Rosa-Luxemburg-Stiftung, Berlin April 2024 (rosalux.de [PDF; 1,5 MB]).
- Worte statt Waffen: Wie Kriege enden und Frieden verhandelt werden kann. Econ-Verlag, Berlin 2024, ISBN 978-3-430-21115-4.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Aljoscha Kertesz: Jan van Aken MdB (Die Linke). In: Bundestag adieu! 2017: Interviews – Fakten – Statements. Engelsdorfer Verlag, Leipzig 2017, ISBN 978-3-96008-994-0, S. 11–36.
- Jan van Aken In: Internationales Biographisches Archiv – Personen aktuell 02/2018 vom 9. Januar 2018, im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar).
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Biographie beim Deutschen Bundestag
- Jan van Aken auf abgeordnetenwatch.de
- Kurzbiografie und Rezensionen zu Werken von Jan van Aken bei Perlentaucher
- „Wir müssen klare Positionen haben“. Gespräch mit Jan van Aken auf Deutschlandfunk Kultur, 2. Februar 2018
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b Jung & Naiv: Parteivorsitzender Jan van Aken (Die Linke) | Bundestagswahl 2025 - Jung & Naiv: Folge 745. In: YouTube. 7. Januar 2025, abgerufen am 8. Januar 2025.
- ↑ a b c Gabriele Goettle: Übers Brunnenvergiften. Zusammenkunft mit einem Biowaffen-Experten. In: Die Tageszeitung. 26. Mai 2003, S. 13–15 (taz.de).
- ↑ the sunshine project (Internet-Archiv). (letzte Aktualisierung der damaligen Homepage: 2. April 2010).
- ↑ Jan van Aken: Linkenchef gibt zu, TTIP-Dokumente geleakt zu haben. In: Der Spiegel. 16. Januar 2025, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 16. Januar 2025]).
- ↑ Max Holscher, Vanessa Steinmetz: G20-Gipfel in Hamburg: Ein Überblick über die größten Proteste. In: Der Spiegel. 24. Juni 2017, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 7. Januar 2025]).
- ↑ Droht ein neues Wettrüsten? - Rosa-Luxemburg-Stiftung. In: rosalux.de. 22. April 2024, abgerufen am 22. August 2024.
- ↑ Ines Wallrodt: Linke-Politiker Jan van Aken fordert Alternativen zu Waffengewalt. In: nd-aktuell.de. 4. September 2024 .
- ↑ Jens Meyer-Wellmann: „Rassistisch, rechts“: Bald-Linken-Chef Aken keilt gegen BSW. 25. August 2024, abgerufen am 27. August 2024.
- ↑ Anna Sauerbrey, Mark Schieritz: Nahostkonflikt: Soll Deutschland Palästina anerkennen? In: Die Zeit. 27. Mai 2024, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 27. August 2024]).
- ↑ dis:arm – Friedensgespräche der Rosa-Luxemburg-Stiftung mit Linda Peikert und Jan van Aken. Rosa-Luxemburg-Stiftung, abgerufen am 19. August 2024 (deutsch).
- ↑ Jan van Aken im Munzinger-Archiv, abgerufen am 18. März 2024 (Artikelanfang frei abrufbar)
- ↑ Deutscher Bundestag: Jan van Aken, LINKE. Abgeordnete 18. WP (2013-2017). In: Webarchiv des Deutschen Bundestages. Deutscher Bundestag, abgerufen am 6. Oktober 2017.
- ↑ Deutscher Bundestag: Hauptausschuss. Ausschüsse 18. WP. In: Webarchiv des Deutschen Bundestages. Deutscher Bundestag, abgerufen am 6. Oktober 2017.
- ↑ Deutscher Bundestag: Jan van Aken, LINKE. Abgeordnete 17. WP (2009-2013). In: Webarchiv des Deutschen Bundestages. Deutscher Bundestag, abgerufen am 6. Oktober 2017.
- ↑ Deutscher Bundestag: Gremium nach § 23c Absatz 8 des Zollfahndungsdienstgesetzes (ZFdG). Ausschüsse der 18. WP. In: bundestag.de. Deutscher Bundestag, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 14. September 2017; abgerufen am 7. Oktober 2017.
- ↑ Jan van Aken: "Einige hassen mich richtig". (HTTPS) In: Die Welt. WeltN24 GmbH, 21. Juni 2016, abgerufen am 25. Juni 2016.
- ↑ Jan Van Aken und Heidi Reichinnek sollen die Linke über die Fünfprozenthürde führen. In: Der Spiegel. 10. November 2024, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 10. November 2024]).
- ↑ Lüneburger Gericht verurteilt Bundestagsmitglied Jan van Aken. In: Hamburger Abendblatt. Hamburger Abendblatt der Zeitungsgruppe Hamburg GmbH, 10. April 2013, abgerufen am 10. April 2013.
- ↑ Verurteilt wegen „Schotter“-Aufrufs. In: Die Tageszeitung. 10. April 2013, abgerufen am 10. April 2013.
- ↑ Anti-Atom-Protest: Linken-Politikerinnen wegen Aufruf zum „Schottern“ verurteilt. In: Der Spiegel. 23. April 2013, abgerufen am 7. Oktober 2017.
- ↑ Linke: Jan van Aken und Ines Schwerdtner wollen Parteiführung übernehmen. In: Spiegel Online. 20. August 2024, abgerufen am 20. August 2024.
- ↑ Bewerbungsrede. Abgerufen am 18. Januar 2028.
- ↑ Friedrich Merz: CDU-Chef will Ausbürgerung ermöglichen. In: Der Spiegel. 5. Januar 2025, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 5. Januar 2025]).
- ↑ Friedrich Merz: „Aberkennung der deutschen Staatsbürgerschaft müsste dann möglich sein“ - WELT. Abgerufen am 5. Januar 2025.
- ↑ Asyl- und Migrationspolitik: Kritik an Merz-Äußerung zur Staatsbürgerschaft. In: tagesschau.de. 6. Januar 2025, abgerufen am 7. Januar 2025.
- ↑ Bernhard Clasen: Krieg in der Ukraine – Van Aken: »Der Wiederaufbau muss jetzt angegangen werden«. In: ND. 21. Juni 2024, abgerufen am 17. Januar 2025.
Personendaten | |
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NAME | Aken, Jan van |
ALTERNATIVNAMEN | Aken, Jan Paul van (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Biologe und Politiker (Die Linke), MdB |
GEBURTSDATUM | 1. Mai 1961 |
GEBURTSORT | Reinbek |
- Umweltaktivist
- Person (Greenpeace)
- Politiker (21. Jahrhundert)
- Verurteilte Person
- Bundestagsabgeordneter (Hamburg)
- Mitglied des Auswärtigen Ausschusses (Deutscher Bundestag)
- Parteivorsitzender von Die Linke
- Deutscher
- Geboren 1961
- Mann
- Absolvent der Universität Hamburg
- Person (Rosa-Luxemburg-Stiftung)
- Whistleblower