Olympische Sommerspiele 1960/Leichtathletik – 800 m (Frauen)

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Olympische Ringe
Sportart Leichtathletik
Disziplin 800-Meter-Lauf
Geschlecht Frauen
Teilnehmer 27 Athletinnen aus 15 Ländern
Wettkampfort Stadio Olimpico
Wettkampfphase 6. September 1960 (Vorläufe)
7. September 1960 (Finale)
Medaillengewinnerinnen
Ljudmila Schewzowa (Sowjetunion 1955 URS)
Brenda Jones (Australien AUS)
Ursula Donath (Deutschland Mannschaft Gesamtdeutsch GER)

Der 800-Meter-Lauf der Frauen bei den Olympischen Spielen 1960 in Rom wurde am 6. und 7. September 1960 im Stadio Olimpico ausgetragen. 27 Athletinnen nahmen teil. Die Disziplin wurde nach 32 Jahren Pause wieder ins olympische Programm aufgenommen.

Olympiasiegerin wurde Ljudmila Schewzowa aus der Sowjetunion, die ihren eigenen Weltrekord einstellte. Sie gewann vor der Australierin Brenda Jones und der Deutschen Ursula Donath.

Läuferinnen aus Österreich und der Schweiz nahmen nicht teil. Neben Donath gingen zwei weitere Deutsche an den Start, die beide ins Finale kamen. Veronika Kummerfeldt wurde Vierte, Antje Gleichfeld belegte Rang fünf.

Bestehende Rekorde

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Weltrekord 2:04,3 min Ljudmila Schewzowa (Sowjetunion 1955 Sowjetunion) Moskau, Sowjetunion (heute Russland) 3. Juli 1960[1]
Olympischer Rekord 2:16,8 min Lina Radke (Deutsches Reich Deutsches Reich) Finale OS Amsterdam, Niederlande 2. August 1928
Das Olympiastadion während der Eröffnungsfeier

Rekordverbesserungen / -egalisierung

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Kontroverse von 1928

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Nach dem Finalrennen der Olympischen Spiele von Amsterdam 1928 zogen Presseberichte die Aufmerksamkeit auf dieses Rennen. Dort wurde angegeben, fünf der Finalistinnen hätten aufgegeben, fünf weitere seien kollabiert und die letzte sei in der Umkleide in Ohnmacht gefallen. Daraufhin wurde nach einer Abstimmung der IAAF diese Disziplin aus dem olympischen Programm genommen.

Lynne Emery von der California Polytechnic State University zeigte in ihrer Untersuchung auf, dass die Nachrichtenmeldungen falsch waren. Alle Läuferinnen erreichten das Ziel, einige von ihnen unterboten den aktuellen Weltrekord. Emery kam zu dem Schluss, dass die Streichung dieser Disziplin aus dem Olympiaprogramm ungerechtfertigt gewesen sei.[2]

Durchführung des Wettbewerbs

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27 Athletinnen traten am 6. September zu vier Vorläufen an. Die zwei besten Wettbewerberinnen jeden Laufes – hellblau unterlegt – sowie eine zusätzliche Zeitschnellste – hellgrün unterlegt – qualifizierten sich für das Finale am 7. September.

6. September, 15:15 Uhr: Vorläufe
7. September, 16:45 Uhr: Finale[3]

Datum: 6. September 1960, ab 15:15 Uhr[4]

Maryvonne Dupureur – ausgeschieden als Vierte des ersten Vorlaufs – 1964 gewann sie Olympiasilber
Platz Name Nation Offizielle Zeit
handgestoppt
Inoffizielle Zeit
elektronisch
1 Antje Gleichfeld Deutschland Mannschaft Gesamtdeutsch Deutschland 2:10,9 min OR 2:11,05 min
2 Brenda Jones Australien Australien 2:11,0 min000 2:11,14 min
3 Sinaida Matistowitsch Sowjetunion 1955 Sowjetunion 2:11,4 min000 2:11,57 min
4 Maryvonne Dupureur Frankreich Frankreich 2:12,3 min000 2:12,42 min
5 Diane Charles Vereinigtes Konigreich Großbritannien 2:14,1 min000 2:14,24 min
6 Zofia Walasek Polen 1944 Polen 2:16,3 min000 2:16,44 min
7 Lee Hak-ja Korea Sud 1949 Südkorea 2:28,4 min000 k. A.
DNS Zwetana Isajewa Bulgarien 1948 Bulgarien
Platz Name Nation Offizielle Zeit
handgestoppt
Inoffizielle Zeit
elektronisch
1 Ursula Donath Deutschland Mannschaft Gesamtdeutsch Deutschland 2:07,8 min OR 2:07,92 min
2 Beata Żbikowska Polen 1944 Polen 2:09,5 min000 2:09,57 min
3 Florica Grecescu Rumänien 1952 Rumänien 2:10,0 min000 2:10,10 min
4 Olga Kazi Ungarn 1957 Ungarn 2:10,9 min000 2:11,07 min
5 Gilda Jannaccone Italien Italien 2:13,6 min000 2:13,72 min
6 Phyllis Perkins Vereinigtes Konigreich Großbritannien 2:15,3 min000 2:15,41 min
DSQ Pat Daniels Vereinigte Staaten USA Bahn verlassen
DNS Stephie D’Souza Indien Indien
Platz Name Nation Offizielle Zeit
handgestoppt
Inoffizielle Zeit
elektronisch
1 Ljudmila Schewzowa Sowjetunion 1955 Sowjetunion 2:09,2 min 2:09,31 min
2 Gizella Csóka Ungarn 1957 Ungarn 2:09,6 min 2:09,77 min
3 Krystyna Nowakowska Polen 1944 Polen 2:09,7 min 2:09,81 min
4 Eleanor Haslam Kanada 1957 Kanada 2:10,0 min 2:10,17 min
5 Bedřiška Kulhavá Tschechoslowakei Tschechoslowakei 2:10,1 min 2:10,23 min
6 Gerda Kraan Niederlande Niederlande 2:10,6 min 2:10,71 min
7 Nicole Goullieux Frankreich Frankreich 2:13,4 min 2:13,53 min
Platz Name Nation Offizielle Zeit
handgestoppt
Inoffizielle Zeit
elektronisch
1 Dixie Willis Australien Australien 2:05,9 min OR 2:06,03 min
2 Joy Jordan Vereinigtes Konigreich Großbritannien 2:07,2 min000 2:07,29 min
3 Veronika Kummerfeldt Deutschland Mannschaft Gesamtdeutsch Deutschland 2:07,2 min000 2:07,34 min
4 Jekaterina Parljuk Sowjetunion 1955 Sowjetunion 2:07,5 min000 2:07,71 min
5 Ine ter Laak-Spijk Niederlande Niederlande 2:10,2 min000 2:10,36 min
6 Gül Çiray Turkei Türkei 2:11,4 min000 2:11,55 min
DNS Ursula Brodbeck Schweiz Schweiz
Sebastiana Alvarado Mexiko 1934 Mexiko
Bronzemedaillengewinnerin Ursula Donath

Datum: 7. September 1960, 16:45 Uhr[5]

Platz Name Nation Offizielle Zeit
handgestoppt
Inoffizielle Zeit
elektronisch
1 Ljudmila Schewzowa Sowjetunion 1955 Sowjetunion 2:04,3 min WRe/OR 2:04,50 min
2 Brenda Jones Australien Australien 2:04,4 min 2:04,58 min
3 Ursula Donath Deutschland Mannschaft Gesamtdeutsch Deutschland 2:05,6 min 2:05,73 min
4 Veronika Kummerfeldt Deutschland Mannschaft Gesamtdeutsch Deutschland 2:05,9 min 2:06,07 min
5 Antje Gleichfeld Deutschland Mannschaft Gesamtdeutsch Deutschland 2:06,5 min 2:06,63 min
6 Joy Jordan Vereinigtes Konigreich Großbritannien 2:07,8 min 2:07,95 min
7 Gizella Csóka Ungarn 1957 Ungarn 2:08,0 min 2:08,11 min
8 Beata Żbikowska Polen 1944 Polen 2:11,8 min 2:11,91 min
9 Dixie Willis Australien Australien 2:27 min (g) k. A.

Es war abgesehen von den Leichtathletik-Europameisterschaften, wo der 800-Meter-Lauf der Frauen bereits seit 1954 wieder auf dem Programm stand, der erste internationale Vergleich auf dieser Strecke bei einer Großveranstaltung seit 1928. Die sowjetische Läuferin Ljudmila Schewzowa war nach ihrem Weltrekord aus dem Vorjahr als Favoritin anzusehen. In den Vorläufen wurde der bestehende olympischen Rekord erwartungsgemäß mehrfach erheblich unterboten, zuletzt von der Australierin Dixie Willis, die sich damit als Medaillenkandidatin ins Gespräch brachte.

Nach dem Start übernahm zunächst Antje Gleichfeld die Führung und drosselte dabei das Tempo für ihre spurtstarken deutschen Kolleginnen Ursula Donath und Veronika Kummerfeldt. Aber Schewzowa ließ diese Taktik nicht zu, ging nach 200 Metern selber an die Spitze und forcierte deutlich. Die Australierin Dixie Willis beteiligte sich an der Führungsarbeit, das Tempo war jetzt so hoch, dass nur noch die beiden Deutschen Donath und Gleichfeld sowie die Australierin Brenda Jones Anschluss halten konnten. In der Zielkurve ergriff Donath die Initiative und setzte zum Überholen an. Willis innen, Schewzowa in der Mitte und Donath außen spurteten für kurze Zeit nebeneinander. Dann fiel Donath ein wenig zurück. Schewzowa hatte die größten Reserven. Willis, am Ende ihrer Kräfte, trat etwa bei Mitte der Zielgeraden auf die Bahnbegrenzung und stolperte. Sie kehrte auf die Bahn zurück und lief noch ins Ziel, endete jedoch auf dem neunten und letzten Platz. Eine Zeitnahme für sie erfolgte nicht mehr. Mit einem starken Endspurt zog Brenda Jones auf der Zielgeraden vorbei an Donath und gewann die Silbermedaille nur knapp geschlagen von der Olympiasiegerin Ljudmila Schewzowa. Ursula Donath wurde Dritte vor Veronika Kummerfeldt und Antje Gleichfeld. Die Goldmedaillengewinnerin stellte ihren eigenen Weltrekord ein.[6]

  • Ekkehard zur Megede, Die Geschichte der olympischen Leichtathletik, Band 2: 1948–1968, Verlag Bartels & Wernitz KG, Berlin, 1. Auflage 1969, S. 223f

Einzelnachweise

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  1. Athletics - Progression of outdoor world records, 800 m - Women, sport-record.de, abgerufen am 31. August 2021
  2. Lynne Emery, An Examination of The 1928 Olympic 800 Meter Race For Women. In: "Proceedings of the North American Society for Sport" (1982), S. 30 (englisch), web.archive.org, library.la84.org (PDF; 50 KB), abgerufen am 31. August 2021
  3. Official Report, The XVII Olympiad Rome 1960, Volume two (englisch), S. 64, digital.la84.org (PDF; 31.903 KB), abgerufen am 31. August 2021
  4. Official Report, The XVII Olympiad Rome 1960, Volume two (englisch), S. 190, digital.la84.org (PDF; 31.903 KB), abgerufen am 31. August 2021
  5. Official Report, The XVII Olympiad Rome 1960, Volume two (englisch), S. 191, digital.la84.org (PDF; 31.903 KB), abgerufen am 31. August 2021
  6. Ekkehard zur Megede, Die Geschichte der olympischen Leichtathletik, Band 2: 1948–1968, Verlag Bartels & Wernitz KG, Berlin, 1. Auflage 1969, S. 223