Großsteingrab Havelte 1
Großsteingrab Havelte 1 Hunebed D53
| ||
---|---|---|
Das Großsteingrab D53 bei Havelte | ||
| ||
Koordinaten | 52° 47′ 32,9″ N, 6° 13′ 4,9″ O | |
Ort | Westerveld, OT Havelte, Drenthe, Niederlande | |
Entstehung | 3300 bis 2760 v. Chr. | |
van-Giffen-Nr. | D53 |
Das Großsteingrab Havelte 1 (auch Havelteberg genannt) ist eine megalithische Grabanlage der jungsteinzeitlichen Westgruppe der Trichterbecherkultur (TBK) bei Havelte, einem Ortsteil von Westerveld in der niederländischen Provinz Drenthe. Es wurde 1918 unter Leitung von Albert Egges van Giffen archäologisch untersucht. Das Grab trägt die Van-Giffen-Nummer D53.
Lage
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Grab befindet sich nördlich von Havelte am Hunebeddenweg. Etwa 150 m östlich liegt das Großsteingrab Havelte 2 (D54).
Forschungsgeschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]18. und 19. Jahrhundert
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Grab wurde erstmals 1732 von Andries Schoemaker erwähnt. Im gleichen Jahr fertigte Cornelis Pronk eine Zeichnung an. Abraham de Haen zeichnete das Grab 1737. Leonhardt Johannes Friedrich Janssen, Kurator der Sammlung niederländischer Altertümer im Rijksmuseum van Oudheden in Leiden, besuchte 1847 einen Großteil der noch erhaltenen Großsteingräber der Niederlande, darunter auch das Grab Havelte 1, und publizierte im folgenden Jahr das erste Überblickswerk mit Baubeschreibungen und schematischen Plänen der Gräber.[1][2] Janssens Nachfolger Willem Pleyte unternahm 1874 zusammen mit dem Fotografen Jan Goedeljee eine Reise durch Drenthe und ließ dort erstmals alle Großsteingräber systematisch fotografieren. Auf Grundlage dieser Fotos fertigte er Lithografien an.[3] Conrad Leemans, Direktor des Rijksmuseums, unternahm 1877 unabhängig von Pleyte eine Reise nach Drenthe. Jan Ernst Henric Hooft van Iddekinge, der zuvor schon mit Pleyte dort gewesen war, fertigte für Leemans Pläne der Großsteingräber an. Leemans’ Bericht blieb allerdings unpubliziert.[4]
20. und 21. Jahrhundert
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Zwischen 1904 und 1906 dokumentierte der Mediziner und Amateurarchäologe Willem Johannes de Wilde alle noch erhaltenen Großsteingräber der Niederlande durch genaue Pläne, Fotografien und ausführliche Baubeschreibungen. Seine Aufzeichnungen zum Grab von Havelte sind allerdings verloren gegangen.[5] 1918 dokumentierte Albert Egges van Giffen die Anlage für seinen Atlas der niederländischen Großsteingräber und führte eine vollständige Ausgrabung durch. Im Zweiten Weltkrieg wurden die Steine des Ganggrabes vergraben und an seinem Standort eine Landebahn errichtet. Der Flugplatz wurde 1944 und 1945 bombardiert. Nach dem Krieg wurde die Anlage an der ursprünglichen Stelle wieder aufgebaut. Dass dies möglich war, ist genauen Zeichnungen der Ausgrabung von 1918 zu verdanken. 1991 fand eine Restaurierung statt. Seit 1997 ist die Anlage ein Nationaldenkmal (Rijksmonument).[6] 2017 wurde die Anlage zusammen mit den anderen noch erhaltenen Großsteingräbern der Niederlande in einem Projekt der Provinz Drente und der Reichsuniversität Groningen von der Stiftung Gratama mittels Photogrammetrie in einem 3D-Atlas erfasst.[7]
Beschreibung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bei der Anlage handelt es sich um ein ostnordost-westsüdwestlich orientiertes Ganggrab. Von der Umfassung sind noch zehn Steine erhalten. Bei der Ausgrabung waren es noch 14, vier Steine sind mittlerweile verschwunden. Die Standspuren von weiteren 16 verschwundenen Umfassungssteinen wurden bei der Ausgrabung gefunden. Ursprünglich dürfte die Umfassung wohl aus über 40 Steinen bestanden haben. Der Steinkranz der Umfassung markiert die Basis des ursprünglichen Hügelschüttung der Anlage. Die Grabkammer hat eine Länge von 18,9 m und eine Breite von 4,4 m. Es handelt sich somit um das Großsteingrab mit der zweitgrößten Grabkammer in den Niederlanden, nur die des Großsteingrabs Borger (D27) ist größer. Die Kammer von D53 besitzt zehn Wandsteine an der nördlichen und elf an der südlichen Langseite. An der östlichen Schmalseite befindet sich ein Abschlussstein. Die Zahl von drei Abschlusssteinen an der westlichen Schmalseite ist in den Niederlanden einzigartig. Alle neun Decksteine sind noch erhalten und liegen seit der Restaurierung im Jahr 1991 wieder auf den Wandsteinen auf. Der Boden der Kammer bestand aus flachen Findlingen und einer Schicht von zerbranntem Granitsplitt. An der Mitte der südlichen Langseite befindet sich der Zugang zur Kammer. Diesem ist ein Gang aus zwei Wandsteinpaaren und einem Deckstein vorgelagert. Der Boden des Zugangs bestand aus Rollsteinen. zwischen Gang und Kammer befindet sich ein Schwellenstein (niederländisch drempelsteen).
Funde
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bestattungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Aus dem Grab stammen Reste von Leichenbrand. Die geborgene Menge betrug nur 1105 g. Die Knochen gehörten zu fünf Individuen: Das erste war eine jugendliche Person unbestimmten Geschlechts, die im Alter zwischen 10 und 20 Jahren verstorben war. Das zweite Individuum war ein Mann, der im Alter zwischen 20 und 40 Jahren verstorben war. Das dritte war eine Frau oder eine jugendliche Person unbestimmten Geschlechts; das Sterbealter ließ sich nicht bestimmen. Das vierte Individuum war möglicherweise eine Frau, die im Alter zwischen 30 und 50 Jahren verstorben war. Das fünfte war ein Mann, der im Alter zwischen 20 und 40 Jahren verstorben war.[8]
Beigaben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bei der Grabung wurden Scherben von 665 Gefäßen in einer 35 cm dicken Schicht gefunden. Aus keinem anderen Hünengrab in den Niederlanden wurde mehr Keramik geborgen. Die Keramik datiert in die Stufen 3–7 des von Anna Brindley aufgestellten typologischen Systems der Trichterbecher-Westgruppe.[9] Dies entspricht dem Zeitraum 3300–2760 v. Chr.[10] Weitere Funde waren drei Feuerstein-Äxte, eine Pfeilspitze, eine Hammeraxt, drei Gagat-Perlen und eine Bernstein-Perle.
Im Grab wurden auch geringe Reste von verbrannten Tierknochen gefunden. Die geborgene Menge betrug 20 g. Einige der Knochen stammten vom Schwein. Ob es sich um Reste von Werkzeugen oder von Speiseopfern handelte, ließ sich nicht mehr feststellen. Weiterhin wurden Bärenkrallen gefunden. Es könnte sich um Reste eines Bärenfells handeln, mit dem eine Person vor der Verbrennung eingewickelt worden war.[11]
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Theo ten Anscher: Een inventarisatie van de documentatie betreffende de Nederlandse hunebedden (= R.A.A.P.-Rapport. Band 16). Stichting R.A.A.P., Amsterdam 1988 (Online).
- Jan Albert Bakker: The TRB West Group. Studies in the Chronology and Geography of the Makers of Hunebeds and Tiefstich Pottery (= Cingula. Band 5). Universiteit van Amsterdam, Amsterdam 1979, ISBN 978-90-70319-05-2 (Online).
- Jan Albert Bakker: The Dutch Hunebedden. Megalithic Tombs of the Funnel Beaker Culture. (= International Monographs in Prehistory. Archaeological Series. Band 2). International Monographs in Prehistory, Ann Arbor 1992, ISBN 1-87962-102-9.
- Jan Albert Bakker: Megalithic Research in the Netherlands, 1547–1911. From ‘Giant’s Beds’ and ‘Pillars of Hercules’ to accurate investigations. Sidestone Press, Leiden 2010, ISBN 9789088900341, S. 225 (Onlineversion).
- Albert Egges van Giffen: Mededeeling omtrent onderzoek en restauratie van het Groote Hunebed te Havelte. In: Nieuwe Drentsche Volksalmanak. Band 37, 1919, S. 109–139.
- Albert Egges van Giffen: De Hunebedden in Nederland, 3 Bände. Oosthoek, Utrecht 1925.
- Albert Egges van Giffen: Het grote hunebed D53. In Nieuwe Drentse Volksalmanak. Band 69, 1951, S. 102–104.
- Evert van Ginkel: De Hunebedden. Gids En Geschiedenis Van Nederlands Oudste Monumenten. Drents Museum, Assen 1980, ISBN 978-9070884185.
- Evert van Ginkel, Sake Jager, Wijnand van der Sanden: Hunebedden. Monumenten van een steentijdcultuur. Uniepers, Abcoude 1999, ISBN 978-9068252026, S. 191.
- G. de Leeuw: Onze hunebedden. Gids vor Drentse hunebedden en de Trechterbekerkultuur. Flint ’Nhoes, Borger 1984.
- Wijnand van der Sanden, Hans Dekker: Gids voor de hunebedden in Drenthe en Groningen. WBooks, Zwolle 2012, ISBN 978-9040007040.
- Nynke de Vries: Excavating the Elite? Social stratification based on cremated remains in the Dutch hunebedden. Masterarbeit, Groningen 2015 (Online).
Filme
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Dutch Dolmens, Skeletal Remains of Burial Mounds. History and Excavation. Drenthe, Netherlands. History With Kayleigh, 2020. In: YouTube. 23. Juni 2020, abgerufen am 6. Oktober 2021.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- The Megalithic Portal: D53 Havelterberg
- hunebedden.nl: Hunebed D53 bij Havelte
- hunebeddeninfo.nl: D53 en D54/Havelte
- JohnKuipers.ca: D53 Havelte
- cruptorix.nl: D53
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Leonhardt Johannes Friedrich Janssen: Drenthsche oudheden. Kemink, Utrecht 1848.
- ↑ Jan Albert Bakker: Megalithic Research in the Netherlands, 1547–1911. 2010, S. 130.
- ↑ Jan Albert Bakker: Megalithic Research in the Netherlands, 1547–1911. 2010, S. 160–162.
- ↑ Jan Albert Bakker: Megalithic Research in the Netherlands, 1547–1911. 2010, S. 163–165.
- ↑ Jan Albert Bakker: Megalithic Research in the Netherlands, 1547–1911. 2010, S. 173–174.
- ↑ Rijksdienst voor het Cultureel Erfgoed: 508040 te Havelte
- ↑ De Hunebedden in Nederland – A 3D model collection by Groningen Institute of Archealogy. In: sketchfab.com. Abgerufen am 25. März 2021.
- ↑ Nynke de Vries: Excavating the Elite? Social stratification based on cremated remains in the Dutch hunebedden. 2015, S. 12, 50.
- ↑ Anna L. Brindley: The typochronology of TRB West Group pottery. In: Palaeohistoria. Band 28, 1986, S. 93–132 (Online).
- ↑ Jahreszahlen korrigiert nach Moritz Mennenga: Zwischen Elbe und Ems. Die Siedlungen der Trichterbecherkultur in Nordwestdeutschland (= Frühe Monumentalität und soziale Differenzierung. Band 13). Habelt, Bonn 2017, ISBN 978-3-7749-4118-2, S. 93 (Online).
- ↑ Nynke de Vries: Excavating the Elite? Social stratification based on cremated remains in the Dutch hunebedden. 2015, S. 17–18.