Großer Preis von Italien 1947

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Sieger: Carlo Felice Trossi
Siegerwagen: Alfa Romeo 158 hier in der Ausführung von 1938

Der XVII. Große Preis von Italien fand am 7. September 1947 auf einer temporären Rennstrecke auf öffentlichen Straßen rund um das Mailänder Messegelände (Fiera Campionaria) statt. Das Rennen zählte zur Kategorie der Grandes Épreuves und wurde nach den Bestimmungen der Internationalen Grand-Prix-Formel (später Formel 1 – Rennwagen bis 1,5 Liter Hubraum mit Kompressor bzw. bis 4,5 Liter Hubraum ohne Kompressor; Renndistanz mindestens 300 km bzw. mindestens drei Stunden Renndauer) über 100 Runden à 3,447 km ausgetragen, was einer Gesamtdistanz von 344,728 km entsprach.

Sieger wurde Carlo Felice Trossi auf einem Alfa Romeo Tipo 158 „Alfetta“, der damit seinen ersten Erfolg in einem offiziellen Internationalen Grand Prix erzielte.

Die angestammte Heimstätte des Großen Preises von Italien auf dem Autodrom von Monza war 1947 noch nicht verfügbar, weil die Rennstrecke als Abstellplatz für alliierte Militärfahrzeuge diente, wodurch vor allem auch der Streckenzustand stark in Mitleidenschaft gezogen worden war. Aus diesem Grund musste sich der italienische Automobilclub RACI für seinen Grand Prix nach einem anderen Austragungsort umsehen. Ein geeigneter Ort dafür wurde schließlich in einem Kurs auf innerstädtischen Straßen rund um das Mailänder Messegelände Fiera Campionario gefunden. Es handelt sich damit nicht um denselben Streckenverlauf, der im Jahr zuvor beim Gran Premio di Milano innerhalb des nahegelegenen Parco Sempione befahren worden war, der für den Anlass eines Großen Preises von Italien als zu verwinkelt erachtet wurde.

Einzige Besonderheit der wenig inspirierenden Streckenführung, die ansonsten beinahe nur aus rechtwinkligen Kurven und kurzen Geraden bestand, war eine 315°-Kurve um den Kreisverkehr auf der Piazzale Damiano Chiesa. Der Grund für die Auswahl des Kurses war dabei in erster Linie der Umstand, dass auf diese Weise die Mailänder Stadtbevölkerung trotz der anhaltend gespannten Versorgungslage mit Treibstoff keine Probleme haben würde, in großer Zahl als Zuschauer an die Strecke zu kommen. Außerdem war Mailand als Firmenstandort von Alfa Romeo sozusagen die heimliche Motorsporthauptstadt Italiens und das damalige Werksgelände im Stadtteil Portello befand sich nur wenige hundert Meter von der Rennstrecke entfernt.

Für Alfa Romeo war ein Sieg unmittelbar vor den eigenen Werkstoren daher Ehrensache, zumal die hochentwickelten „Alfettas“ in jenen Jahren ohnehin praktisch nicht zu schlagen waren. Die größte Gefahr dafür waren die Fahrer selbst, unter denen eine starke Rivalität herrschte, so dass Rennleiter Giovanbattista Guidotti durch Vorgabe einer Stallregie allzu harten Duellen zwischen seinen Piloten auf der Strecke vorbeugen wollte. So musste Jean-Pierre Wimille, der zuvor beim Rennen um den Großen Preis von Belgien entgegen die ausdrückliche Anweisung des Teams seinem Stallgefährten Achille Varzi nicht den Sieg überlassen hatte, mitansehen, wie das Cockpit seines Autos nun durch den Chefmechaniker des Teams, Alessandro Gaboardi, besetzt wurde. Gleichzeitig kam Alfa Romeo als Konzern im Staatsbesitz, in dem die Gewerkschaften großen Einfluss besaßen, damit der Forderung der Arbeitnehmerschaft nach, neben den wohlsituierten Herrenfahrern Varzi und Carlo Felice Trossi die beiden anderen Wagen mit Fahrern aus der Arbeitnehmerschaft – neben Gaboardi auch den Chef-Testfahrer des Werks Consalvo Sanesi, der in dieser Saison regelmäßig zum Einsatz kam – zu besetzen. Gaboardi zeigte sich jedoch von Anfang an von dieser Aufgabe überfordert, so dass es das einzige Grand-Prix-Rennen seiner Karriere blieb.

Härteste Konkurrenten für die Alfettas waren wie immer die Maserati 4CL, ein Modell aus 1939, von dem sich neun Stück in Mailand zum Start versammelten. Das interessanteste Exemplar war dabei das Auto der Scuderia Milan für Raymond Sommer, das von deren Technikchef Professor Mario Speluzzi vollständig überarbeitet und mit neuem Rohrrahmenchassis sowie einer zweistufigen Kompressoraufladung versehen worden war. Weitere starke Vertreter waren außerdem Luigi Villoresi und der noch nicht allzu bekannte Alberto Ascari für die mit starker Unterstützung durch das Maserati-Stammwerk operierende Scuderia Ambrosiana sowie Grand-Prix-Veteran Louis Chiron mit einem von Enrico Platé vorbereiteten Wagen. Für alle galt jedoch, dass sie den Alfettas in den Fahrleistungen deutlich unterlegen waren und es zudem häufig an Sorgfalt der Teams in puncto technischer Vorbereitung und Organisation mangelte.

Gemäß der vorgegebenen Stallregie war nach Wimille in der Schweiz und Varzi in Belgien nun in Mailand Trossi als Sieger des Großen Preises von Italien vorgesehen. Erstaunlicherweise war es jedoch der bis dahin noch nicht so stark in Erscheinung getretene Sanesi, der mit seinem Alfa Romeo die schnellste Trainingszeit erzielte. Im Rennen war es dann aber doch Trossi, der erwartungsgemäß direkt die Führung übernahm. Zweiter war zunächst etwas überraschend Villoresi, der jedoch nach wenigen Runden beinahe schon unvermeidlicherweise mit technischen Problemen an seinem Maserati wieder zurückfiel.

Auf den zweiten Platz lag damit nun Sanesi, gefolgt von Sommer, der jedoch ebenfalls bald in Schwierigkeiten geriet und durch ein Ölleck am Auto gestoppt wurde. Varzi nutzte die Gelegenheit zu einer kurzen Demonstration seines eigentlichen Könnens, um zunächst an Sanesi und dann für einen Moment auch an Trossi vorbei kurz die Führung zu übernehmen, reihte sich dann aber weisungsgemäß umgehend wieder hinter diesem ein. Auch Ascari konnte sein Talent einmal kurz aufblitzen lassen und sich mit dem Maserati für ein paar Runden sogar vor den Alfa Romeo von Sanesi zu setzen, bis auch er durch einen Reparaturstopp wieder weit zurückgeworfen wurde. Nachdem mit dem Schweizer Emmanuel de Graffenried noch ein weiterer Maserati-Pilot vorzeitig die Segel streichen musste, stand einem Vierfachsieg für Alfa Romeo damit nun nichts mehr im Wege.

In den letzten Runden dieses ansonsten weitgehend höhepunktsarmen Rennens ließ Trossi seinen Teamkameraden Varzi noch einmal demonstrativ aufschließen, um diesem beim Überfahren der Ziellinie seinen Dank und Respekt zu erteilen, was vom Publikum, das lieber ein echtes Rennen gesehen hätte, jedoch nur mit deutlichem Missfallen aufgenommen wurde.

Team Nr. Fahrer Info Chassis Motor Reifen
Italien Alfa Corse 02 Italien Alessandro Gaboardi Alfa Romeo 158 Alfa Romeo 1.5L I8 Kompressor
16 Italien Achille Varzi
24 Italien Consalvo Sanesi
30 Italien Carlo Felice Trossi
Italien Scuderia Ambrosiana 06 Italien Luigi Villoresi Maserati 4CL(T) a Maserati 4CL 1.5L I4 Kompressor
34 Italien Alberto Ascari
46 Italien Franco Mosters DNQ Cisitalia D46 Fiat 1.1L I4
Italien Scuderia Milan 08 Frankreich Raymond Sommer b Maserati 4CL(T) Maserati-Speluzzi 1.5L I4 Kompressor
38 Italien Arialdo Ruggeri DNS Maserati 4CL Maserati 4CL 1.5L I4 Kompressor
40 Italien Nello Pagani
26 Thailand „B. Bira“ Maserati 6CM
44 Italien Carlo Pesci Maserati 1.5L I6 Kompressor
ItalienItalien Scuderia Biellese 10 Italien Lamberto Grolla Cisitalia D46 Fiat 1.1L I4
56 Italien Mario Porrino
Frankreich E. Chaboud/
Frankreich C. Pozzi c
10 Frankreich Eugène Chaboud Delahaye 135S „Coursifée“ Delahaye 3.6L I6
22 Frankreich Charles Pozzi
FrankreichFrankreich Écurie Naphtra Course 14 Frankreich Pierre Levegh Maserati 4CL(T) Maserati 4CL 1.5L I4 Kompressor
36 Frankreich „Raph“ Maserati 4CL
Italien Scuderia Enrico Platé 18 Italien Enrico Platé DNA Maserati 4CL(T) Maserati 4CL 1.5L I4 Kompressor
18 Monaco Louis Chiron
32 Schweiz Toulo de Graffenried
Italien G. Bracco 28 Italien Giovanni Bracco Delage Type D 6-3 Litres Delage 3.0L I6
Italien G. dell’Acqua 42 Italien Gaetano dell’Acqua Maserati 4CM Maserati 1.5L I4 Kompressor
Italien G. Minozzi 48 Italien Giovanni Minozzi DNS Maserati 4CL? Maserati 1.5L I4 Kompressor
Italien R. Balestrero d 50 Italien Renato Balestrero DNS Platé-Talbot „Speziale“ Talbot 1.5L I8 Kompressor
Italien L. Arrigoni 52 Italien Lorenzo Arrigoni Maserati 4CM Maserati 1.5L I4 Kompressor
Frankreich H. Louveau e 54 Frankreich Henri Louveau Delage Type D 6-3 Litres Delage 3.0L I6
ItalienItalien Scuderia Lazio 58 Italien Aldo Marchetti DNA Maserati 4CM Maserati 1.5L I4 Kompressor
Italien Squadra Piero Dusio f 60 Italien Guido Scagliarini DNA Cisitalia D46 Fiat 1.1L I4
a 
Bei Maseratis aktueller Baureihe wurden die bisherigen Profilträger im Chassis nun durch einen Rohrrahmen (Italienisch: „tubolare“) ersetzt, einige Fahrzeuge wurden außerdem mit Motoren mit zweistufiger Kompressoraufladung ausgerüstet. Ansonsten entsprach die Konstruktion wie auch die Formgestaltung jedoch dem ursprünglichen Modell, wie auch die Typbezeichnung 4CL weiterhin beibehalten wurde.
b 
Sommer hatte ursprünglich eine private Meldung für seinen persönlichen Maserati 4CL abgegeben, trat dann jedoch mit einem von Professor Mario Speluzzi modifizierten Auto der Scuderia Milan an.
c 
Zusammen mit seinem Partner Charles Pozzi hatte Éugene Chaboud unter der Teambezeichnung Écurie Lutetia eine Renngemeinschaft gegründet.
d 
Das Fahrzeug wurde üblicherweise von Luigi Platé unter dessen eigener Bewerbung eingesetzt.
e 
Nach dem Auflösen der Ecurie Gersac setzte Louveau die Rennaktivitäten nun unter seiner eigenen Bewerbung weiter fort.
f 
Dusio war Gründer und Firmeninhaber von Cisitalia

Startaufstellung a

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3 2 1
Italien Villoresi
1:46,1 min
Italien Trossi
1:45,4 min
Italien Sanesi
1:44,8 min
7 6 5 4
Monaco Chiron
1:47,6 min
Italien Ascari
1:47,2 min
Italien Varzi
1:47,0 min
Frankreich Sommer
1:46,4 min
10 9 8
Frankreich „Levegh“
1:53,6 min
Italien Gaboardi
1:51,8 min
Schweiz de Graffenried
1:48,8 min
14 13 12 11
Frankreich Pozzi
2:00,2 min
Frankreich Chaboud
1:59,8 min
Frankreich „Raph“
1:58,8 min
Italien Arrigoni
1:58,6 min
17 16 15
Italien Bracco
2:01,5 min
- Italien dell’Acqua
2:00,4 min
21 20 19 18
Frankreich Louveau
2:05,8 min
Italien Pesci
2:03,8 min
- Italien Grolla
2:03,4 min
23 22
Italien Pagani
2:10,0 min
Thailand „B. Bira“
2:06,0 min
a 
Bei Zeitangaben und Startpositionen gibt es zwischen den Quellen zum Teil erhebliche Abweichungen. An dieser Stelle wird den Angaben aus Alessandro Silva: Back on Track - Racing in the 1940s, Fondazione Negri, Brescia, 2019 als aktuell modernstem Werk zum Thema der Vorzug gegeben.
Pos. Nr. Fahrer Konstrukteur Runden Zeit Ausfallgrund
1 30 Italien Carlo Felice Trossi Italien Alfa Romeo 100 3:02.25,0 h
2 16 Italien Achille Varzi Italien Alfa Romeo 100 + 0,1 s
3 24 Italien Consalvo Sanesi Italien Alfa Romeo 99 + 01 Runde
4 02 Italien Alessandro Gaboardi Italien Alfa Romeo 95 + 05 Runden
5 34 Italien Alberto Ascari Italien Maserati 94 + 06 Runden
6 54 Frankreich Henri Louveau Frankreich Delage 91 + 09 Runden
7 22 Frankreich Charles Pozzi Frankreich Delahaye 89 + 11 Runden
8 12 Frankreich Eugène Chaboud Frankreich Delahaye 87 + 13 Runden
9 44 Italien Carlo Pesci Italien Maserati 84 + 16 Runden
DNF 18 Monaco Louis Chiron Italien Maserati 87 Motor
DNF 32 Schweiz Toulo de Graffenried Italien Maserati 86 Lenkung
DNF 56 Italien Mario Porrino Italien Cisitalia-Fiat 56
DNF 52 Italien Lorenzo Arrigoni Italien Maserati 56
DNF 10 Italien Lamberto Grolla Italien Cisitalia-Fiat 56
DNF 28 Italien Giovanni Bracco Frankreich Delage 53
DNF 06 Italien Luigi Villoresi Italien Maserati 53 Bremsen
DNF 42 Italien Gaetano dell’Acqua Italien Maserati 23
DNF 08 Frankreich Raymond Sommer Italien Maserati 20 Motor
DNF 14 Frankreich Pierre Levegh Italien Maserati 6
DNF 36 Frankreich „Raph“ Italien Maserati 3 Ölleitung
DNF 04 Italien Nello Pagani Italien Maserati 2 Reifen
DNF 26 Thailand „B. Bira“ Italien Maserati 0 Motoraufladung
DNS 38 Italien Arialdo Ruggeri Italien Maserati
DNS 46 Italien Giovanni Minozzi Italien Maserati
DNS 50 Italien Renato Balestrero Italien Platé-Talbot
DNQ 46 Italien Franco Mosters Italien Cisitalia

Schnellste Rennrunde: Italien Carlo Felice Trossi (Alfa Romeo), 1:44,0 min = 119,3 km/h

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