Es sollte eine Meisterschaft ohne große Überraschungen werden, sieht man vom Abschneiden der Neulinge Wolfgang Geukes und Peter Sporer ab. Überraschend war die Kritik vieler Spieler am Material und dem „Polierverhalten“ der Schiedsrichter. Es war kaum zu erklären, dass die besten deutschen Spieler anscheinend nach 100 Aufnahmen nicht in der Lage waren, sich an das neue Material zu gewöhnen. Der Berliner Landesverband als Co-Ausrichter war der Meinung: nur „besstes Material“ für die „besten Spieler“! Die Tische, Tücher, Banden und Bälle waren optimal. Sie sahen keinen Grund dafür, die von den Spielern geforderte Wertung dieses „schwierigen Materials“ mit in die Wertung fließen zu lassen. Das polieren der Bälle durch die Schiedsrichter nach jedem Satz wurde ebenfalls beanstandet. Es wurde sogar bei jedem Nachstoß poliert. Selbst die einfachsten Dreibänder waren durch den Bandenabschlag kaum berechenbar und unkontrollierbar. Die Einwände wurden von der Turnierleitung ignoriert.[1]
Die Spieler wurden in drei Gruppen à vier Spieler eingeteilt (GR). Das Spielsystem wurde zum Vorjahr geändert. Es wurde im Satzsystem mit zwei Gewinnsätzen zu je 20 Punkten gespielt, Jeder-gegen-Jeden. Die beiden Gruppenbesten kamen in die Finalrunde, ebenfalls Jeder-gegen-Jeden, ohne gesondertem Finale oder Spiel um Platz 3. Die Endplatzierung ergab sich aus den Matchpunkten (MP).[2]
Der Titelverteidiger und Gruppenfavorit Dieter Müller fing gleich mit einer Satzniederlage gegen seinen Vereinskameraden Peter Kuhring an, setzte sich dann aber doch noch 2:1 durch. Paul Kimmeskamp vom DBC Bochum 1926 konnte sich erwartungsgemäß gegen den Cadre-Spezialisten Peter Sporer durchsetzen. In der zweiten Runde verlor Paul Kimmeskamp dann gegen Peter Kuhring, die Hoffnung der Gastgeber auf zwei Spieler in der Endrunde schien sich zu erfüllen. Dieter Müller spielte gleichzeitig mit 1,081 GD die beste Partie des Turniers gegen Peter Sporer. Dem wiederum gelang es dann in Runde drei gegen einen zerfahrend spielenden Peter Kuhring in nur zwei Sätzen zu gewinnen und setzte sich damit noch vor Paul Kimmeskamp, der seinerseits ebenfalls 2:0 gegen Müller verlor.[1]
Endstand Gruppe 1
#
Name
MP
SV
GD
HS
1
Dieter Müller
6:0
12:2
0,893
6
2
Peter Sporer
2:4
6:8
0,637
7
3
Peter Kuhring
2:4
6:10
0,613
7
4
Paul Kimmeskamp
2:4
6:10
0,561
7
Legende
MP
Match Punkte (Sieger = 2; Unentschieden = 1; Verlierer = 0)
Gruppenfavoriten waren nach Meinung der Experten hier Gert Tiedtke und Joseph Bücken, beide gewannen dann auch erwartungsgemäß ihre beiden Partien sicher gegen Udo Kleine-Weischede und Wolfgang Geukes. In Runde zwei musste Tiedke dann aber bei einem Remis gegen Geukes einen Punkt abgeben, wohingegen Bücken gegen Kleine-Weischede gewann. Als dann in der letzten Runde Geuken gegen Kleine-Weischede 2:0 gewann und Tiedtke gegen Bücken unterlag, war die Überraschung perfekt, auch wenn Bücken nur aufgrund seines besseren Satzverhältnisses die Nase vorne hatte.[1]
Endstand Gruppe 2
#
Name
MP
SV
GD
HS
1
Joseph Bücken
6:0
12:2
0,617
6
2
Wolfgang Geukes
3:3
7:7
0,539
5
3
Gert Tiedtke
3:3
7:9
0,520
4
4
Udo Kleine-Weischede
0:6
4:12
0,509
5
Legende
MP
Match Punkte (Sieger = 2; Unentschieden = 1; Verlierer = 0)
Gruppe drei wurde als die ausgewogenste hingestellt und so begann die erste Runde auch gleich mit einem Remis zwischen Siegfried Spielmann und Peter Donnert, während sich Günter Siebert klar mit 2:0 gegen Jürgen Meissburger durchsetzte. Erwartungsgemäß hatte Siebert mit Altmeister Spielmann mehr Mühe und es ging mit 2:1 über die volle Distanz. Donnert konnte seine gute Leistung aus Runde eins nicht halte und verlor klar in zwei Sätzen gegen Jürgen Meissburger. Dem wiederum widerfuhr dieses Ereignis dann in Runde drei gegen Spielmann, wohingegen Siebert auch seine letzte Runde gegen Donnert mit 2:1 gewann.[1]
Da nach dem neuen Satzsystem nur die Punkte von Spielern gewertet werden, die ebenfalls in die Endrunde einzogen, ergab sich folgendes Ausgangsklassement für die Finalrunde:
Ausgangsklassement Finalrunde
#
Name
MP
SV
Pkt.
Aufn.
GD
HS
1
Dieter Müller
2
4:0
40
37
1,081
4
2
Joseph Bücken
2
4:0
40
61
0,656
6
3
Günter Siebert
2
4:2
50
79
0,633
5
4
Siegfried Spielmann
0
2:4
42
79
0,532
4
5
Peter Sporer
0
0:4
24
37
0,649
5
6
Wolfgang Geukes
0
0:4
29
61
0,475
5
Diese Sechs zogen in die Finalrunde weiter und waren damit automatisch für die Qualifikation zur 43. DDM 1976 in Hamburg zugelassen.
Die Plätze 7–12 waren damit folgendermaßen ausgespielt:
Jeder gegen Jeden, kein Finale.
In der letzten Spielrunde gab es dann doch noch ein „echtes Finale“, die beiden anderen Partien hatten nur noch statistischen Wert. Sowohl Spielmann und Bücken gewannen ihre Spiele gegen Geukes bzw. Sporer ungefährdet mit jeweils 2:0. Die Hauptattraktion war dann das Spiel Müller-Siebert. Der Berliner war im ersten Satz sichtlich nervös, spielte unsicher und gab diesen dann auch nach 23 Aufnahmen mit 14:20 an den Essener ab. Um seinen Titel erfolgreich verteidigen zu können, musste er nun die beiden nächsten Sätze gewinnen. Der zweite Satz entwickelte sich dann auch zum Höhepunkt der Veranstaltung als Müller eine Serie von 11 (Turnierrekord!) produzierte und Siebert in 11 Aufnahmen mit 20:6 am Tisch stehen ließ. Auch der letzte Satz ging in 19 Aufnahmen mit 20:18, wenn auch knapp, an den Berliner, der damit zum dritten Mal in Folge Deutscher Dreibandmeister wurde.[1]
Die erste Deutsche Dreiband-Meisterschaft (DDM) fand 1929 in Mainz statt. Angegeben ist die Saison in der sie gespielt wurde. Teilweise wurden zwei Meisterschaften in einem Jahr gespielt (Frühjahr/Herbst). Im Frühjahr 1939 fand die letzte Vorkriegsmeisterschaft statt.