Phourgisatis
Phourgisatis, auch Phrourgisatis oder Frurgisatis (altgriechisch Φουργισατίς; lateinisch Furgisatis), ist ein Ortsname, der von Ptolemaios in seinem um das Jahr 150 erstellten Koordinatenwerk Geographia[1] als einer der im Süden der Germania magna in der Nähe der Donau liegenden Orte (πόλεις) mit 36° 00' Länge (ptolemäische Längengrade) und 48° 00' Breite angegeben wird. Phourgisatis liegt damit nach Ptolemaios zwischen Abilounon und Kondorgis.[2]
Lokalisation
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die tatsächliche Lage des Ortes ist bis heute nicht geklärt. In der Literatur kommen die unterschiedlichsten Orte in Frage. Es wurden hauptsächlich Vermutungen angestellt, dass sich Phourgisatis in Böhmen befindet. Hermann Reichert[2] etwa gibt an, dass der geographischen Angabe nach am nächsten Třísov an der Moldau käme. Theodor Steche[3] hingegen vermutet Phourgisatis im Gebiet der Markomannen an der Vltava (Moldau). Nach Emanuel Šimek liege Phourgisatis an einer Route von Pöchlarn/Arelape zur Odermündung auf der Wasserscheide zwischen Kamp und Naarn im Weinsberger Wald im nördlichen Niederösterreich.[4]
Ein interdisziplinäres Forscherteam um Andreas Kleineberg, das die ptolemäischen Koordinaten von 2006 bis 2009 neu untersuchte und interpretierte, lokalisiert Phourgisatis anhand der Transformation der antiken Koordinaten auf dem Gebiet bei České Budějovice (Böhmisch Budweis), eine Stadt, die am Zusammenfluss der Flüsse Moldau und Maltsch in Südböhmen in Tschechien liegt.[5] Die Moldau entspringt in zwei Quellflüssen: der Warmen Moldau im Böhmerwald und der Kalten Moldau im Bayerischen Wald, fließt durch die Prager Innenstadt und mündet schließlich bei Mělník in die schiffbare Elbe, dem einzigen Fluss, der das von Mittelgebirgen umschlossene Böhmen zur Nordsee hin entwässert.
Anmerkungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Vgl. Ptolemaios 2, 11, 15
- ↑ a b Vgl. Hermann Reichert: Ph(r)ourgisatis. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 2. Auflage. Band 23, Walter de Gruyter, Berlin/New York 2003, ISBN 3-11-017535-5, S. 142. (kostenpflichtig über GAO, De Gruyter Online)
- ↑ Theodor Steche: Altgermanien im Erdkundebuch des Claudius Ptolemäus. Leipzig 1937, S. 152.
- ↑ Emanuel Šimek: Velká Germanie Klaudia Ptolemaia, ΚΛΑΥ∆ΙΟΥ ΠΤΟΛΕ-ΜΑΙΟΥ ΜΕΓΑΛΗ ΓΕΡΜΑΝΙΑ (= Spisy Filosofické Fakulty Masarykovy University v Brně. Band 47). Brno 1930–1953, S. 154 ff. und S. 166; zustimmend Günther Christian Hansen: Ptolemaios. In: Joachim Herrmann (Hrsg.): Griechische und lateinische Quellen zur Frühgeschichte Mitteleuropas bis zur Mitte des 1. Jahrtausends unserer Zeit. Band 3. Berlin 1991, S. 553 – 589, hier S. 581.
- ↑ Vgl. Andreas Kleineberg, Christian Marx, Eberhard Knobloch, Dieter Lelgemann: Germania und die Insel Thule. Die Entschlüsselung von Ptolemaios´ "Atlas der Oikumene". Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2011, ISBN 978-3-534-24525-3, S. 59.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Hermann Reichert: Ph(r)ourgisatis. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 2. Auflage. Band 23, Walter de Gruyter, Berlin/New York 2003, ISBN 3-11-017535-5, S. 142. (kostenpflichtig über GAO, De Gruyter Online)
- Hermann Reichert: Ptolemaeus. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 2. Auflage. Band 23, Walter de Gruyter, Berlin/New York 2003, ISBN 3-11-017535-5, S. 567–597. (kostenpflichtig über GAO, De Gruyter Online)
- Alfred Stückelberger, Gerd Graßhoff (Hrsg.): Ptolemaios, Handbuch der Geographie (Griechisch-Deutsch). Schwabe Verlag, Basel 2006, ISBN 3-7965-2148-7 (Werk in 2 Halbbänden, mit CD-ROM).
- Corinna Scheungraber, Friedrich E. Grünzweig: Die altgermanischen Toponyme sowie ungermanische Toponyme Germaniens. Ein Handbuch zu ihrer Etymologie unter Benutzung einer Bibliographie von Robert Nedoma. Herausgegeben von Hermann Reichert (= Philologica Germanica 34). Fassbaender, Wien 2014, ISBN 978-3-902575-62-3, S. 254–255.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Edition der Geographike Hyphegesis mit Übersetzung und Karte der Germania magna, abgerufen am 15. November 2016.
- Google Earth in der Antike. In: Der Spiegel. 39/2010, abgerufen am 15. November 2016