Terrorangriff der Hamas auf Israel 2023

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Ausmaß der Hamas-Angriffe: Rot/blau ist der Gazastreifen. Im Gebiet bis zur rot gestrichelten Linie waren Hamas-Terroristen in Israel aktiv. Die gelbe Fläche markiert die am 8. Oktober evakuierten israelischen Gebiete. Blau markiert das Vordringen der israelischen Armee.

Der Terrorangriff der Hamas auf Israel 2023 (auch: 7. Oktober) war mit über 1.100 Todesopfern der größte Massenmord an Juden seit dem Holocaust.

Der Überfall wurde am 7. Oktober 2023 unter Führung der palästinensischen, radikal-islamistischen Terrororganisation Hamas vom Gazastreifen aus begangen und richtete sich gegen Kibbuzim und ein Open-Air-Musikfestival im Süden Israels. Nach Raketenbeschuss von Zielen in Israel überwanden die Terroristen und mit ihnen verbündete palästinensische Milizen die Sperranlage um den Gazastreifen und drangen auf israelisches Staatsgebiet vor. Sie überwältigten zahlreiche grenznahe Militärposten und begingen in 21 Kibbuzim, darunter Reʿim, Be’eri, Kfar Aza und Nir Oz, brutale Massaker an der Zivilbevölkerung. Zudem verübten sie massiv geschlechtsspezifische Gewalt gegen Frauen.

Israelischen Angaben zufolge wurden beim Angriff auf israelischer Seite 1139 Menschen ermordet oder im Kampf getötet – darunter 695 israelische Zivilisten, einschließlich 36 Minderjähriger, 373 Mitglieder der israelischen Sicherheitskräfte und 71 Ausländer.[1] 364 der insgesamt 695 getöteten israelischen Zivilisten wurden beim Angriff auf das Psytrance-Festival „Supernova Sukkot Gathering“ in der Nähe des Kibbuz Reʿim ermordet.[2] Darüber hinaus wurden mehr als 5400 Menschen verletzt und bei den Geiselnahmen der Hamas während des Terrorangriffs 250 weitere in den Gaza-Streifen entführt.

Als Reaktion auf den Angriff rief der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu den Kriegszustand im Land aus. 300.000 Reservisten der Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) wurden zum Kriegsdienst einberufen. Nachdem die IDF die aus dem Gazastreifen eingedrungenen Terroristen bekämpft und vom Staatsgebiet Israels vertrieben hatte, eröffneten sie in der Nacht auf den 28. Oktober 2023 mit der Bodenoffensive die zweite Phase der Militäroperation „Eiserne Schwerter“. Nach dem 7. Oktober kam es weltweit zu einem Anstieg von antisemitischen Vorfällen.

Bezeichnungen

Die Hamas bezeichnet die Terroraktion als „Operation al-Aqsa-Flut“ (arabisch عملية طوفان الأقصى, DMG ʿAmaliyyat Ṭūfān al-Aqṣā). Die Bekämpfung der Terroristen der Hamas und mit dieser verbündeter palästinensischer Milizen wie der Terrororganisation „Islamischer Dschihad in Palästina“ im Gazastreifen findet unter dem Namen Operation „Eiserne Schwerter“ (hebräisch מבצע חרבות ברזל mivza charvot barsel; englisch Operation Iron Swords) statt. Der Angriff startete am jüdischen Feiertag Simchat Tora und wird deshalb in israelischen Medien auch als Simchat-Tora-Krieg bezeichnet.[3]

Hintergrund

Vorausgehende Ereignisse und Prozesse

Die Hamas hat sich seit ihrer Gründung 1987 dem Ziel der Bekämpfung Israels verschrieben, laut der Gründungscharta der Hamas ist es eine religiöse Pflicht eines jeden Muslims, Israel zu zerstören.[4][5][6]

„Terror ist nicht blinde Gewalt. Terror ist Gewalt in politischer Absicht: Die Täter wollen Reaktionen im angegriffenen Staat und in seiner Gesellschaft provozieren, die sie ihrem Ziel näher bringen. Das hat auch das Massaker der Hamas Anfang Oktober gezeigt. Die Täter fielen in Südisrael ein, ermordeten 1200 Personen – Männer, Frauen, Kinder und Säuglinge. Nicht genug, sie dokumentierten ihre Brutalität auf Videos, die sie verbreiteten. Erst mit der öffentlichen Inszenierung der Gewalt entfaltet der Terror die volle Wirkung: Angst, Unsicherheit, Hass und den Wunsch nach Vergeltung.“

Kommentar von Andreas Ernst in der Neuen Zürcher Zeitung[7]

Ein früherer Plan, auf israelischem Staatsgebiet massenhaft Menschen zu töten und in den Gazastreifen zu verschleppen, wurde im Jahr 2014 bekannt. Während der Operation Protective Edge machte der Minister für Nachrichtendienste Yuval Steinitz Informationen aus Verhören gefangener Hamas-Kämpfer öffentlich, wonach die Hamas zum Neujahrsfest Rosch ha-Schana im September gleichen Jahres einen großangelegten Angriff mit hunderten Kämpfern auf israelische Ortschaften geplant hätte. Ziel dieses Unternehmens sei die Ermordung und Verschleppung der Bewohner gewesen. Der Angriff hätte aus dem Tunnelsystem des Gazastreifens heraus erfolgen sollen.[8]

Mohammed Deif, der Kommandeur der Qassam-Brigaden, stellte den Angriff am 7. Oktober 2023 in einer Audiobotschaft als Reaktion auf die seit 2007 andauernde Blockade des Gazastreifens, die israelischen Razzien in den Städten des Westjordanlands im Jahr 2022, die Gewalt an der Al-Aqsa-Moschee, die zunehmenden Angriffe von Siedlern auf Palästinenser und das Wachstum der Siedlungen dar. Er rief die Palästinenser von Ostjerusalem bis Nordisrael auf, sich dem Kampf anzuschließen.[9] Hamas-Vizechef Saleh al-Arouri erklärte, die Operation „al-Aqsa-Flut“ sei eine Antwort „auf die Verbrechen der Besatzung“ durch Israel – wobei die Hamas unter „Besatzung“ die Existenz des Staates Israel selbst versteht –, und fügte hinzu, dass „Kämpfer“ die Moschee und tausende palästinensische Gefangene verteidigten.[9] Nach dem Terrorangriff äußerte sich die Hamas nochmals durch ihre Sprecher zu den Tatmotiven. Sie stellten die politische Perspektivlosigkeit und angebliche Unterdrückung des palästinensischen Volkes in den Mittelpunkt ihrer Erklärungen.[10][11] Der Angriff vom 7. Oktober erinnere an frühere Terroraktionen, deren Ziel es war, diplomatische Bemühungen um eine friedliche Beilegung des alten Konflikts zu sabotieren, schrieb der amerikanische Historiker Jeffrey Herf, und erkläre sich aus dem „genozidalen Judenhass“ der Hamas.[12]

Außenpolitische Lage im Vorfeld der Anschläge

Mit dem Friedensvertrag zwischen Israel und den Vereinigten Arabischen Emiraten und dem Abraham-Abkommen mit Bahrain, Marokko und dem Sudan kam es zu einer Normalisierung der Beziehungen dieser Staaten zu Israel. Es zeichnete sich eine Abkehr mehrerer arabischer und nordafrikanischer Staaten von der Politik der Khartum-Resolution ab. Zum Zeitpunkt des Anschlags führten Israel und Saudi-Arabien Verhandlungen zur Normalisierung ihrer Beziehungen. Der saudi-arabische Kronprinz Mohammed bin Salman bezeichnete die Normalisierung der Beziehungen beider Staaten als realistisches Szenario. Das saudi-arabische Außenministerium erklärte jedoch, es habe wiederholt davor gewarnt, dass Israels anhaltende Besetzung des Gazastreifens zu weiterer Gewalt führen würde und den Prozess unterlaufen könnte. Die Hamas wurde hauptsächlich von Katar und der Türkei unterstützt. Beide waren als engste Verbündete der Hamas zu betrachten, die Beziehungen beider Länder zu Saudi-Arabien und den Emiraten galten jedoch längere Zeit als angespannt und antagonistisch, was auch in der Katar-Krise 2017 bis 2021 und der Ermordung des saudischen Journalisten und Dissidenten Jamal Khashoggi im Generalkonsulat des Königreichs Saudi-Arabien in Istanbul seinen Ausdruck fand. Die Anschläge der Hamas konnten vor diesem Hintergrund auch in der Absicht geschehen sein, die Normalisierung der Beziehungen Israels zu den Golfstaaten zu verhindern.[13][14][15] Der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu warf den Unterstützern des Annäherungsprozess vor, sie hätten ihren „moralischen Kompass verloren“. Neben dem türkischen und iranischen Misstrauen gegen die Annäherung sowie resultierenden innerarabischen Zerwürfnissen wurde der Abraham-Prozess von den Palästinensern selbst abgelehnt. Die Palästinenser wurden im Text des Abkommens kaum erwähnt. Als die arabischen Staaten begannen, ihre Beziehungen zu Israel allmählich zu vertiefen, rückten sie zunehmend von ihren historischen Positionen ab. Bin Salman erklärte, dass Israelis „das Recht auf ihr eigenes Land haben“ (was er jedoch später wieder revidierte). Das palästinensische Problem sollte dem Willen aller beteiligten Akteure folgend aus den Abkommen ausgeklammert werden. Als im April 2021 in der Al-Aqsa-Moschee Gewalt ausbrach und israelische Streitkräfte eine der heiligsten Stätten des Islam stürmten, wurde von den Vereinigten Arabischen Emiraten nur verhalten Kritik geäußert. Die anhaltende Fortsetzung des Normalisierungsprozesses trotz der eskalierenden Spannungen zwischen Israel und Palästina wurde in westlichen Ländern mit wohlwollender Erleichterung aufgefasst, von palästinensischer Seite jedoch als Verrat an ihren Interessen betrachtet. Die Palästinenser und deren Anliegen drohten dieser Sicht entsprechend über die Annäherung Israels an die wirtschaftsstarken Golfstaaten hinaus in Vergessen zu geraten. Der jordanische König Abdullah erklärte, dass „keine Architektur für regionale Sicherheit und Entwicklung auf der brennenden Asche dieses Konflikts stehen“ könne.[16][17][18] Von Seite der Hamas wurde schon 2021 die Absicht bekundet, den Abraham-Prozess zu unterminieren.[19]

Die Hinwendung der westlichen Öffentlichkeit zu dem zeitgleich stattfindenden Krieg in der Ukraine führte zu einer Fokussierung der medialen Berichterstattung und der politischen Debatte auf diesen Konflikt, wobei andere Konfliktregionen wie der Nahe Osten in den Hintergrund gerieten. Dies, sowie die Bindung westlicher Militärressourcen für die Unterstützung der Ukraine, ließ den Westen in den Augen der Hamas möglicherweise als unfähig oder unwillig erscheinen, sich mit der Unterstützung Israels in einer weiteren Region militärisch zu engagieren.[20] Obwohl die Hamas hauptsächlich von der Türkei und Katar Unterstützung findet, wird mitunter über eine Rolle Russlands im Ausbruch des Konflikts spekuliert. Der Politologe Herfried Münkler mutmaßte, „dass auch der russische Präsident Putin ein Interesse an der Eröffnung eines zweiten Kriegsschauplatzes hat, weil der den Westen zusätzlich in Anspruch nimmt“, dies würde für den Ausbruch des Konflikts „sicherlich eine Rolle spielen“.[21] Von verschiedenen Seiten wurde der Tatsache Bedeutung beigemessen, dass der Angriff der Hamas am 7. Oktober, dem Geburtstag des russischen Präsidenten Wladimir Putin, stattfand. Estlands Verteidigungsminister Hanno Pevkur äußerte: „Die Situation in Israel hängt eindeutig mit den Geschehnissen in der Ukraine zusammen. Es ist kein Zufall, dass alles mit dem Geburtstag von Putin begann.“[22] Der estnische Außenminister Margus Tsahkna erklärte auf Nachfrage, dass es „sich dabei um eine Annahme handle, da dafür die Belege fehlten“, er halte aber eine Rolle Russlands für „logisch“.[22] Nach Russlands eigenem Bekunden wird eine ausgewogene und vermittelnde Position in dem Konflikt eingenommen. Russland hält traditionell enge Beziehungen zur palästinensischen Seite, steht jedoch auch mit Israel in gutem Kontakt.[23]

Unmittelbare Ereignisse im Vorfeld der Anschläge

Im unmittelbaren Vorfeld der Anschläge fanden die Al-Aqsa-Konfrontationen 2023 statt. Der rechtsextreme Politiker Itamar Ben-Gvir, der zum damaligen Zeitpunkt Minister für öffentliche Sicherheit war, besuchte im Mai 2023 den Tempelberg.[24] Das Hochplateau in der Altstadt von Jerusalem, das von Juden als Tempelberg verehrt wird, gilt Muslimen als heiliger Ort mit den von ihnen auf den Trümmern der zwei jüdischen Tempel errichteten Al-Aqsa-Moschee und des Felsendoms; beiden Religionen ist dieses Areal heilig, jedoch wird von Seiten der muslisch-jordanischen Waqf-Behörde Jerusalem im Rahmen des geltenden Status quo für Muslime das alleinige Recht in Anspruch genommen, dort beten zu dürfen. Dies und dass Juden den Ort besuchen dürfen, hatten die im Sechstagekrieg siegreichen Israelis so eingeführt, um die Religionsfreiheit beider Seiten ausgewogen zu halten.[25][26][27][28][29] Missachtungen des Status quo sind wegen der Symbolik oft mit den jüdischen Wallfahrtsfesten verbunden, zu denen Sukkot zählt. Jeremy Bowen von der BBC erklärte bezüglich der Angriffsbegründung der Hamas, dass der Terrorangriff Monate der Vorbereitung benötigt haben müsse und er daher keine kurzfristige Reaktion auf Ereignisse während des gerade beendeten Sukkot-Festes darstellen könne.[30]

Israelische und internationale Experten hatten bereits im Jahresverlauf 2023 vor einer erneuten Eskalation des Nahostkonflikts gewarnt.[31] Radikalisierte Palästinenser hatten immer häufiger israelische Bürger bei Anschlägen und Überfällen ermordet. Von Beginn des Jahres 2023 bis zum Angriff der Hamas starben durch Israels Antiterroreinsätze etwa 200 Palästinenser, so viele wie nie zuvor innerhalb eines solchen Zeitraums.[31][32]

Mit dem israelischen Siedleraufstand[33] und den Al-Aqsa-Konfrontationen hatten sich mehrere Unruhen im selben Jahr ereignet. In der Folge hatte es im April 2023 Beschüsse aus dem Libanon auf Israel gegeben, die erwidert worden waren. Zudem wurde nach der im Jahr 2022 erfolgten Regierungsübernahme durch Benjamin Netanjahus rechtsnationale Regierung (Kabinett Netanjahu VI) der israelische Siedlungsbau in den Palästinensischen Autonomiegebieten weiter vorangetrieben, was die Gefahr einer Eskalation ebenfalls erhöhte.[34] Wenige Wochen zuvor hatten israelische Siedler als Rache für die Ermordung zweier Israelis in der Stadt Huwara und drei umliegenden Dörfern mehrere Dutzend Häuser von Palästinensern in Brand gesteckt. Ein General der IDF hatte diese Aktion als „Pogrom“ gegen die Palästinenser kritisiert, doch Finanzminister Bezalel Smotrich von der religiös-nationalistischen Partei HaTzionut HaDatit sprach sich dafür aus: „Ich denke, Huwara muss ausradiert werden.“ Vor diesem Hintergrund breitete sich unter den Palästinensern, wie der algerische Journalist Akram Belkaïd schrieb, eine regelrechte Endzeitstimmung ohne Hoffnung auf eine Verbesserung der Verhältnisse aus.[35]

Auch die erstmals in den 2000er-Jahren eingeführte Gaza-Blockade hatte in den Wochen vor dem Terrorangriff zu Unruhen im Gazastreifen geführt.[36]

Zwölf Tage vor dem Hamas-Anschlag sorgte Netanjahu vor der UN-Generalversammlung international für Empörung, als er eine Karte mit der Überschrift „The New Middle East“ (dt.: Der neue Nahe Osten) präsentierte, auf der das gesamte Westjordanland und der Gazastreifen sowie Ostjerusalem und die syrischen Golanhöhen als Teile eines vergrößerten Israels ohne einen palästinensischen Staat eingezeichnet waren. Die dargestellte Grenzziehung wurde als „Karte der Annektierung“ kritisiert und von arabischer und palästinensischer Seite als Provokation aufgefasst; der palästinensische Botschafter in Deutschland, Laith Arafeh, kommentierte dies mit den Worten: „Es gibt keine größere Beleidigung für jedes Grundprinzip der Vereinten Nationen, als zu sehen, wie Netanjahu vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen eine 'Landkarte Israels' zeigt, die das gesamte Land vom Fluss bis zum Meer umfasst und Palästina und sein Volk negiert“.[37][38][39]

Laut einer Untersuchung der Wissenschaftler Robert Jackson Jr. von der New York University und Joshua Mitts von der Columbia University kam es unmittelbar vor dem Terroranschlag zu erheblichen Leerverkäufen von Aktien israelischer Firmen. Die Erkenntnisse der Wissenschaftler deuten darauf hin, dass Finanzmarktakteure in Kenntnis der bevorstehenden Angriffe von diesen tragischen Ereignissen profitierten.[40][41]

Geheimdienstliche Lagebeurteilung im Vorfeld

Die Sicherheitsdoktrin Israels beruht auf den vier Säulen Abschreckung, Frühwarnung, Verteidigung und entscheidender Sieg. Laut den ehemaligen IDF-Offizieren Amos Yadlin und Udi Evental lag in Tel Aviv ein zu großes Vertrauen in die Abschreckungswirkung vor, weshalb die in großen Teilen durch Iran unterstützte militärische Aufrüstung der Hamas hingenommen wurde. Hinzu kam, dass die innenpolitische Krise in Israel mit ihren monatelangen Protesten im Gazastreifen als historische Schwäche wahrgenommen wurde. Netanyahu wurde von führenden Behördenleitern im Bereich der Nachrichtendienste und des Militärs auf diese Tatsache aufmerksam gemacht, ohne dem Beachtung zu schenken. Die Frühwarnung wurde dadurch negativ verzerrt, dass Israel seit dem Rückzug aus dem Gazastreifen dort eine in ihren Augen geschwächte Hamas einem Machtvakuum vorzog. Die Verteidigung der Grenze betreffend sei der Fokus zu sehr auf Raketenangriffe und Untertunnelung gelegt und ein oberirdischer Angriff im Vorhinein nahezu ausgeschlossen worden. Außerdem seien die Grenzanlagen auch deshalb nur schwach bemannt gewesen, weil die IDF sich zu sehr auf Überwachungstechnik und Defensivsysteme wie Kameras und ferngesteuerte Maschinengewehre verlassen habe.[42]

Israelische Geheimdienste und das Militär hatten eigenen Angaben zufolge zwar mit einem Angriff auf ihr Staatsgebiet gerechnet, jedoch u. a. wegen der Sperranlagen nicht durch die Hamas vom Gazastreifen aus, sondern aus dem Libanon durch die Hisbollah.[43] Die Überwachung der Hamas wurde seit der Regierungsübernahme Netanjahus 2022 weitgehend zurückgestellt, der Fokus der Geheimdienste wurde von der Hamas abgezogen. Die für Überwachung der Funkkanäle der Hamas zuständige Einheit des Geheimdienstes Schin Bet war ein Jahr vor den Anschlägen eingestellt worden. Von Netanyahu ausgehend wurde die Hamas nicht weiter aktiv bekämpft, um diese als nützlichen Gegenspieler zur Palästinensischen Autonomiebehörde im Westjordanland zu halten.[44][45][46]

Bereits 2022 lag israelischen Behörden unter dem Codenamen „Jericho-Mauer“ ein Dokument vor, das bis ins Detail den Angriffsplan beschrieb. Militär- und Geheimdienstexperten glaubten allerdings, dass es für die Hamas zu anspruchsvoll und schwierig wäre, ihn umzusetzen.[47] Weibliche Angehörige der „Überwachungseinheiten“ der israelischen Armee (tatzpitaniyot), die von vielen als die „Augen der Armee“ bezeichnet werden, berichteten Monate und Wochen vor dem Terrorangriff von auffälligen Übungen und Aktivitäten der Hamas am Grenzzaun, die nach ihrer Ansicht auf einen Angriff hindeuteten.[48] Eine Analystin stellte fest, dass das Training dem „Jericho-Mauer“-Dokument sehr nahe komme, und informierte einen Befehlshaber der Gaza-Einheit, der jedoch abwarten wollte.[47]

Berichten zufolge soll Israel durch Abbas Kamel, Chef des ägyptischen General Intelligence Service, Tage vor den Anschlägen vor verdächtigen Aktivitäten der Hamas gewarnt worden sein, was von Netanjahu selbst nach den Anschlägen als „absolut falsch“[49] und als „Fake News“ zurückgewiesen wurde.[50] Bestätigung erhielt die Einschätzung jedoch von Michael McCaul, dem Vorsitzenden des United States House Committee on Foreign Affairs, im Rahmen einer geheimdienstlichen Unterrichtung von führenden Mitgliedern des US-Kongresses.[51]

Hinweise auf bevorstehende Angriffe kamen auch von US-Geheimdiensten, die mindestens zwei Einschätzungen erstellten und die Regierung Biden vor einem erhöhten Risiko eines palästinensisch-israelischen Konflikts in den Wochen vor dem Angriff warnten. In einer Aktualisierung vom 28. September wurde auf der Grundlage mehrerer Geheimdienstinformationen davor gewarnt, dass die Terrorgruppe Hamas bereit sei, ihre Raketenangriffe über die Grenze hinweg zu verstärken. Eine Mitteilung der CIA vom 5. Oktober warnte allgemein vor der zunehmenden Möglichkeit von Gewalt durch die Hamas. Am 6. Oktober, dem Tag vor dem Anschlag, berichteten US-Beamte dann konkret von ungewöhnlichen Aktivitäten der Hamas.[52]

Der Leiter des Geheimdienstes Schin Bet, Ronen Bar, wurde am Tag des Anschlags bereits um 3 Uhr morgens über erste Hamas-Bewegungen informiert. Statt von einem Angriff sei er jedoch von einer militärischen Übung der Terroristen ausgegangen, meldete die »New York Times« unter Berufung auf Geheimdienstquellen und Regierungsunterlagen, und habe Premierminister Benjamin Netanyahu bis kurz vor Beginn des Großangriffs nicht informiert.[44]

Verlauf

Satellitenbild von Israel und dem Gazastreifen am 7. Oktober. Gut zu erkennen: Feuer über israelischem Territorium.

Am Samstag, den 7. Oktober 2023, gegen 06:30 Uhr Ortszeit (05:30 Uhr MEZ) kündigte die Hamas die von ihr als „Operation al-Aqsa-Flut“ bezeichneten Angriffe auf Israel an. Am gleichen Datum begehen die Juden auch den Feiertag Simchat Tora, mit dem die Sukkot-Festwoche endet. Der Angriff der Hamas auf Israel erfolgte fast auf den Tag genau zum 50. Jahrestag des Jom-Kippur-Krieges, der am 6. Oktober 1973 begann.

„Die übergroße Mehrzahl der nun getöteten Menschen wurde von den Hamas-Terroristen getötet – nicht, weil sie ‚militärische Ziele‘ darstellten, sondern weil sie Juden waren.“

Markus Springer: Kommentar im Sonntagsblatt – 360° Evangelisch – vom 9. Oktober 2023[53]

Der Kommandeur der Hamas Mohammed Deif begleitete das Massaker im Radio mit den Worten: „Das ist der Tag der größten Schlacht.“[54]

Raketenbeschuss auf Israel

Der Angriff begann mit einem massiven und stundenlangen Raketenbeschuss auf den Süden und das Zentrum Israels, wobei rund vier Stunden nach Angriffsbeginn der IDF-Sprecher Daniel Hagari bekanntgab, dass bislang rund 2.200 Raketen auf Israel abgefeuert wurden und der Beschuss weiterhin anhalte.[55] Der oberste Befehlshaber des militärischen Flügels der Hamas, Mohammed Deif, gab etwa zur gleichen Zeit bekannt, dass 5.000 Raketen auf Israel abgefeuert worden seien.[56] Im Laufe des Tages verlagerte sich der Beschuss auf den Süden Israels[57] und es wurde ein Rückgang der Intensität verzeichnet.[58] Iain Boyd, Professor für Luft- und Raumfahrttechnik an der University of Colorado Boulder, erklärte am 13. Oktober, dass die Hamas mit der Vielzahl an Raketen, welche zwar wenig leistungsfähig, jedoch kostengünstig in der Anschaffung seien, das hochtechnologische sowie um ein Vielfaches teurere israelische Luftverteidigungssystem Iron Dome überfordert habe,[59] eine im militärischen Sprachgebrauch als „Sättigungsangriff“ bezeichnete Taktik.[60][61]

Es kam unter anderem zu Raketeneinschlägen in den Städten Aschkelon,[62][63] Rischon LeZion[64] und Tel Aviv[65][66] sowie dem Jerusalemer Vorort Mewasseret Zion.[67] In Jerusalem selbst[68] und der Großstadt Be’er Scheva wurde Luftalarm ausgelöst.[69]

Im zentralen Gderot wurden eine Frau[70], nahe dem südlichen Beduinendorf Kuseife sieben Menschen und im grenznahen Netivot drei Mitglieder einer Familie durch Raketeneinschläge getötet.[71][72] Über 100 Menschen wurden durch die Folgen von Raketeneinschlägen verletzt.[73]

Nach dem Luftangriff der IDF auf zwei Hochhäuser im Gazastreifen, in denen sich laut Armeeangaben Vermögenswerte der Hamas befanden, nahm die Hamas, nach entsprechender Ankündigung, das zentral gelegene Tel Aviv und die umliegenden Gebiete erneut unter Beschuss, wobei laut Hamas 150 Raketen zum Einsatz gekommen sein sollen.[74] Dabei kam es zu Verletzten in Tel Aviv, Rischon LeZion, Bat Jam und Javne.[75] Am Ende des Tages gaben die IDF bekannt, zahlreiche Luftangriffe im Gazastreifen durchgeführt und dabei auch Raketenabschussorte und ein operatives Hauptquartier der Hamas, das für Raketenangriffe genutzt wurde, getroffen zu haben.[76]

Invasion der Hamas

Lagebild am 7. und 8. Oktober. Rot: Gazastreifen, Blau: Invasion der Hamas in israelisches Gebiet

Unter dem Schutz des Raketenbeschusses und des dadurch an vielen Orten in Israel ausgelösten Luftalarms, welcher in den grenznahen israelischen Gebieten nichts Ungewöhnliches darstellt, jedoch viele Zivilisten und auch Sicherheitskräfte zum Aufsuchen von Schutzräumen (Merhav Mugan) bzw. Luftschutzbunkern veranlasste, näherten sich bewaffnete Angreifer den Sperranlagen um den Gazastreifen. Unter Einsatz von Drohnen wurden Sprengsätze über den nach oben hin offenen Beobachtungs-, Kommunikations- und ferngesteuerten Waffentürmen abgeworfen, während Scharfschützen gezielt Überwachungstechnik, darunter Kameras, unter Beschuss nahmen. Dabei wurde propagandawirksam auch ein israelischer Kampfpanzer vom Typ Merkava durch einen mittels Drohne abgeworfenen Sprengsatz außer Gefecht gesetzt. Ausbootende Besatzungsmitglieder fielen in die Hände der Hamas. Dies führte unter anderem dazu, dass die IDF in den folgenden Tagen zahlreiche ihrer gepanzerten Fahrzeuge mittels Metallkäfigdächern, sogenannten „Cope Cages“, ausrüsteten, wie sie auch von russischen Panzerbesatzungen gegen derartige Drohnenangriffe im Ukrainekrieg verwendet werden.[77][78][79]

Nach dem Angriff auf die Überwachungs-, Verteidigungs- und Kommunikationseinrichtungen sprengten Vorauskommandos Durchgänge in die Mauern und Zäune der Sperranlagen, welche unter anderem mit schweren Baumaschinen erweitert wurden. Aufnahmen der Vorgänge, unter anderem von Bodycams und Drohnen der Angreifer, wurden vom Hamas-Fernsehsender al-Aqsa TV veröffentlicht. Gerüchte über einen Cyberangriff auf militärische Systeme wurden von den IDF dementiert.[80][81][82]

Die Angreifer konnten an 119 Stellen die Grenzbarriere durchbrechen,[83] worauf hunderte Bewaffnete zu Fuß, mit Motorrädern und Pickups sowie weiteren Fahrzeugen mehrere grenznahe Kibbuzim angriffen (und darauf in die meisten eindringen konnten), darunter Zikim, Karmijja, Jad Mordechai, Erez, Nir Am, Mefalsim, Kfar Aza, Nachal Oz, Sa'ad, Alumim, Beʾeri, Reʿim, Kissufim, Ein HaSchloscha, Nirim, Nir Oz, Magen, Tzochar, Sufa, Cholit, Kerem Schalom und Schlomit, die Moschavim Netiv HaʿAssara und Jated sowie die Kleinstädte Sderot und Ofakim, bis zu 18 km von der Grenze des Gazastreifens entfernt.[84][85] Gleichzeitig mit dem Raketenbeschuss flogen Terroristen mit Gleit- bzw. Motorschirmen über die Sperranlagen hinweg nach Südisrael, wo sie von mehreren Augenzeugen gefilmt wurden.[86][87][88] Die IDF gaben am 1. November 2023 im Zuge einer Neubeurteilung der Lage bekannt, dass am 7. Oktober nicht, wie anfänglich vermutet, 1.500 bis 2.500 Terroristen nach Israel eindrangen, sondern rund 3.000.[89] Nach arabischen Medienberichten handelte es sich um rund 1.200 Mitglieder der Qassam-Brigaden und 1.500 Angehörige anderer Milizen, gefolgt von mehreren Hundert marodierenden Zivilisten aus dem Gazastreifen.[90] Laut Daten der Gaza-Division der israelischen Streitkräfte, welche am 31. August 2024 veröffentlicht wurden, überquerten rund 6.000 Gaza-Bewohner die Grenze nach Israel.[91]

Im Vertrauen auf die Wirksamkeit der Sperranlagen waren diese mit zahlenmäßig nur geringen Sicherungskräften der IDF besetzt, welche von den Angriffen völlig überrascht wurden.[92] Die bewaffneten Angreifer konnten mehrere Außenposten der Armee, darunter in bzw. bei Zikim, Erez, Nachal Oz und Sufa, sowie den Militärstützpunkt Reʿim, Stationierungsort der für den Gazastreifen zuständigen Gaza Division, einnehmen, wodurch eine koordinierte Reaktion und Weitergabe von Informationen an den Rest der Armee verhindert wurde.[93] Zudem gelang den Terroristen unter anderem auch die Einnahme der Polizeistation von Sderot.[94][95][96]

Die IDF teilten mit, dass die Hamas auch mit Schnellbooten und anderen Wasserfahrzeugen sowie mit Tauchern bzw. Schwimmern versucht habe, vom Gazastreifen aus den Strand bei Zikim, südlich von Aschkelon zu erreichen. Die israelische Marine habe jedoch einen Großteil der Angreifer abfangen und „Dutzende“ von ihnen töten können, wobei die IDF Videoaufnahmen der Vorgänge veröffentlichte.[97][98] Einzelne Bewaffnete konnten den Strand bei Zikim erreichen, wo sie sich festsetzten.[99] Am 9. Oktober 2023 gaben die IDF bekannt, den stellvertretenden Kommandeur der südlichen Division der Hamas-Seestreitkräfte, Muhammad Abu Ghali, gefangen genommen zu haben.[100]

Die als Kitat Konenut (hebräisch כִּתַּת כּוֹנְנוּת kittat kōnenūt, deutsch ‚Bereitschaftszug) bezeichneten Notfallverteidigungseinheiten der Kibbuzim, bestehend aus bewaffneten Einwohnern mit teils militärischer Vorerfahrung, waren einige bis mehrere Stunden auf sich alleine gestellt, wobei die rund zehn Mann starke Einheit in Nir Am ihren Kibbuz ohne Verluste bis zum Eintreffen der Armee am Nachmittag verteidigen konnte. In ähnlicher Weise konnten Karmijja, Jad Mordechai, Mefalsim, Sa'ad, Magen, Ein Habessor, Tzochar und Jated verteidigt werden, auch die Kibbuzim Zikim (im Unterschied zum Strandbereich) und Erez (im Unterschied zum Grenzübergang). In Kerem Shalom konnte die aus neun Freiwilligen bestehende Einheit, unterstützt durch sechs IDF-Soldaten, erfolgreich Widerstand leisten, wobei zwei Angehörige der Notfalleinheit und ein Zivilist getötet wurden.[101]
An Orten, an denen sich die Notfallverteidigungseinheiten nicht formieren konnten bzw. überrannt wurden, verübten Hamas-Kämpfer Massaker an der Zivilbevölkerung. Alleine in Beʾeri (siehe: Massaker von Be’eri)[102], Kfar Aza (siehe: Massaker von Kfar Aza)[103], Nachal Oz (siehe: Massaker von Nachal Oz), Sderot (siehe: Angriff auf Sderot 2023) und Ofakim (siehe: Massaker von Ofakim) wurden rund 400 Menschen ermordet, weitere rund 130 in Nirim und Nir Oz (siehe: Massaker von Nirim und Nir Oz), in Kissufim (siehe: Massaker von Kissufim), Alumim (siehe: Massaker von Alumim) und Cholit (siehe: Massaker von Cholit). Weitere rund 360 Menschen wurden beim Massaker von Reʿim ermordet, als Terroristen die Besucher eines Psytrance-Festivals angriffen.[104][105] Detaillierte Angriffspläne für einzelne Ortschaften mit teilweise verschlüsselten Aufträgen, Zivilisten zu töten, Geiseln zu nehmen und in den Gazastreifen zu verschleppen, wurden später bei den Leichen getöteter Terroristen aufgefunden.[106] Im November 2023 berichtete die Washington Post unter Berufung auf Sicherheitsbeamte aus dem Westen und dem Nahen Osten, dass die Hamas offenbar geplant hatte, weitere Städte sowie Militärstützpunkte in Israel einzunehmen und propagandawirksam bis in das Westjordanland vorzudringen, wo sie mit verbündeten Terrorzellen zusammentreffen sollte. Diese Informationen stammen laut Medienberichten aus zahlreichen Karten, Notizen und anderen schriftlichen Anweisungen, die bei den Leichen toter Hamas-Terroristen im Grenzgebiet zum Gazastreifen gefunden wurden, sowie aus Verhören von Hamas-Gefangenen.[107][108]

Die Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF), die wie die israelische Regierung nicht auf den Angriff vorbereitet waren, verkündeten am Vormittag, dass Ortschaften rund um den Gazastreifen von der Hamas eingenommen worden seien, und startete als Reaktion darauf die Militäroperation „Eiserne Schwerter“. Verteidigungsminister Joaw Galant genehmigte die Einberufung von Reservekräften.[109] Der oberste Sprecher der israelischen Streitkräfte, Daniel Hagari, bestätigte am Abend, dass die Hamas israelische Zivilisten und Sicherheitskräfte in den Gazastreifen verschleppt habe und dass bei den Kämpfen auch israelische Soldaten getötet worden seien. Zudem gab er bekannt, dass es im Süden Israels immer noch 22 Orte anhaltender Kämpfe gebe, darunter Geiselnahmen in Be'eri und Ofakim. Vier Divisionen der IDF würden an die Grenze zum Gazastreifen verlegt, um die inzwischen 31 Bataillone, die bereits dort seien, zu unterstützen.[110] Nach Bestätigung dieser Informationen veröffentlichte der israelische Fernsehsender Channel 12 verpixelte Aufnahmen aus sozialen Medien, welche augenscheinlich die Verschleppung von Zivilisten aus Israel in den Gazastreifen zeigten.[111] Die Hamas bestätigte, dutzende israelische Soldaten, darunter auch Offiziere, im Gazastreifen als Geiseln festzuhalten.[112] Während der Invasion verwendete die IDF die Hannibal-Direktive sowohl gegen Soldaten als auch gegen Zivilisten.[113][114][115] Verteidigungsminister Joaw Galant rief nach Angaben seines Büros den Notstand im Umkreis von 80 Kilometern um den Gazastreifen aus. Dies ermögliche dem Heimatfront-Kommando unter anderem, Versammlungen einzuschränken und Gebiete abzuriegeln.[116] Der Notstand wurde noch in der Nacht des ersten Angriffstages auf ganz Israel ausgeweitet.[117]

Der israelische Staatspräsident Jitzchak Herzog mit den Familien der von der Hamas gefangen gehaltenen Personen in Beit HaNassi, 22. Oktober 2023

Am Ende des ersten Tages gab das Gesundheitsministerium bekannt, dass seit Beginn des Angriffs 1.590 Menschen in Israel verletzt worden seien und in Krankenhäusern behandelt würden. Zudem wurde von bereits mehr als 250 Toten berichtet, wobei auf die steigende Tendenz hingewiesen wurde.[118] In Kissufim war eine 90-jährige Holocaustüberlebende unter den Opfern.[119]

Propaganda-Videos der Hamas

Die Hamas veröffentlichte bereits kurz nach Angriffsbeginn Videoaufnahmen ihrer Gewalttaten, welche die Terroristen teils mit Bodycams und Helmkameras aufgenommen hatten, auf Telegram-Kanälen. Die Videos waren innerhalb weniger Stunden in PR-Studios der Hamas gesichtet, ausgewählt und professionell geschnitten worden. Auf diesen Aufnahmen waren massive Gewalttaten an israelischen Zivilisten in bisher ungekanntem Ausmaß zu sehen, einschließlich Vergewaltigungen und erniedrigende Behandlung von Frauen als Beute.[120] Auch auf Facebook konnten die Terrorattacken im Livestream mitverfolgt werden. Manche Morde nahmen die Terroristen mit den Mobiltelefonen ihrer Opfer auf und sandten die Aufnahmen an Angehörige oder Bekannte der Opfer oder luden sie auf die Facebookprofilseiten der Getöteten hoch.[121] Unzählige Veröffentlichungen auf Plattformen der Sozialen Netzwerke zeigten die Gräuel aus Täterperspektive als Propagandamaterial. Darauf folgte laut der Antisemitismusforscherin Monika Hübscher „eine international angelegte Social-Media-Kampagne mit dem Ziel die Hamas und ihre Morde zu legitimieren und anhand von antisemitischen Darstellungen in Bild und Wort nicht nur Israelis, sondern auch Juden*Jüdinnen zu entmenschlichen und Gewalt gegen sie zu normalisieren“.[122]

139 Morde „auf jede erdenkliche Art“ seien durch Videomaterial dokumentiert. Tausende weitere Sequenzen werden nach Angabe von Ron Leshem auf Bitte der betroffenen Familien bei den Ermittlungsstellen unter Verschluss gehalten.[123] Am 23. Oktober zeigte die israelische Regierung 200 Mitgliedern der ausländischen Presse rund 43 Minuten Filmmaterial, darunter ungeschnittene Aufnahmen von Bodycams getöteter oder gefangener Terroristen, um Zweifel an den durch die israelischen Behörden geschilderten Gräueltaten der Terroristen zu zerstreuen.[124] Am 8. November gaben israelische Behörden bekannt, bisher etwa 1.000 Menschen eine 47-minütige Zusammenstellung einiger der Gräueltaten des Angriffes der Hamas vorgeführt zu haben, unter anderem der Redaktion der New York Times, Mitarbeitern des Weißen Hauses sowie den Leitern westlicher Geheimdienste, darunter CIA und MI5. Der Zusammenschnitt, der größtenteils aus Bodycam-Aufnahmen getöteter Terroristen bestehe, wird als Teil der israelischen Öffentlichkeitsarbeit verwendet.[125]

Bergung der Todesopfer

Nach dem Terrorangriff der Hamas wurde die ZAKA-Organisation mit der extrem schwierigen Aufgabe betraut, die Leichen und Leichenteile der von den palästinensischen Terroristen getöteten Menschen zu bergen und zu identifizieren.[126] Das Ausmaß der Tötungen und Folterungen der Opfer werden von den ZAKA-Mitarbeitern protokolliert und sollen in künftigen Gerichtsverfahren Hinweise auf Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord liefern.[127]

Rückeroberung durch die IDF

Am Morgen des 8. Oktober gaben die IDF bekannt, die Polizeistation von Sderot rund 20 Stunden nach ihrer Einnahme durch Terroristen zurückerobert und dabei zehn Bewaffnete getötet zu haben. Dabei wurde die Station schwer beschädigt.[128][129][130] Die Rückeroberung der Militärbasis von Reʿim sei nach IDF-Angaben noch am 7. Oktober, rund zwölf Stunden nach ihrer Besetzung durch Terroristen, gelungen.[93] Weiter meldeten die Streitkräfte, dass sie die Geiselnahmen in Ofakim und Be’eri beendet hätten, wobei mindestens fünf Terroristen getötet und rund 50 Geiseln befreit worden seien.[131][132] Militärsprecher Daniel Hagari meldete am späten Vormittag, dass bislang rund 400 Terroristen im Süden Israels und im Gazastreifen getötet sowie dutzende weitere gefangen genommen worden seien. Zudem gebe es noch größere Feuergefechte in Kfar Aza und Magen. Zu diesem Zeitpunkt sei die Hauptaufgabe der IDF gewesen, die von den Terroristen infiltrierten Gebiete zu säubern, Zivilisten aus grenznahen Ortschaften zu evakuieren und die Durchbruchsstellen zu finden.

Am Morgen des 9. Oktober erklärte ein Sprecher des israelischen Militärs, dass die Kämpfe in den israelischen Siedlungen Kfar Aza, Beʾeri, Nirim und Alumim andauerten. Die hier verschanzten Terroristen seien teils seit Samstag (7.10.) auf israelischem Territorium, teils später hinzugestoßen. In der Nähe des Kibbuz Kfar Aza sei ein Ausgang bzw. Eingang des Tunnelsystems des Gazastreifens entdeckt worden.[133] Zudem bekämpfe die IDF weiterhin Terroristen, welche versuchten, durch die beschädigten Grenzanlagen nach Israel einzudringen.[134] In der Kleinstadt Sderot kam es zu Gefechten zwischen Terroristen und Soldaten einer Fallschirmjägerbrigade, wobei mehrere Terroristen getötet wurden.[135][136] Am Abend und in den Nachtstunden wurden Kämpfe mit Terroristen in Karmia, Schaʿar HaNegev, Saʿ'ad sowie bei Mischmar ha-Negev und Rahat gemeldet, wobei sich die letzten beiden Orte bis zu 25 km von der Ostgrenze des Gazastreifens entfernt befinden.[137][138][139][140]

Frühmorgens am 10. Oktober gab IDF-Sprecher Daniel Hagari bekannt, dass das Militär die Kontrolle über die Grenze zum Gazastreifen wiedererlangt und am letzten Tag kein einziger Terrorist die Grenze überquert habe. Es würden sich jedoch noch vereinzelte Bewaffnete auf israelischem Territorium befinden.[141] Der IDF-Sprecher Richard Hecht teilte zudem mit, dass in Israel rund 1.500 Leichen von Hamas-Terroristen gefunden werden konnten, und bestätigte, dass seit Montagabend kein Hamasterrorist mehr nach Israel eingedrungen sei.[142] Im Laufe des Tages meldeten die IDF die Tötung von 18 Terroristen bei Zikim,[143][144][145][146] Mefalsim, Reʿim und Aschkelon.[147][148][149]

Im Laufe des Vormittages des 11. Oktobers gab das israelische Militär bekannt, dass in den letzten zwei Tagen kein Terrorist mehr nach Israel eingedrungen sei und dass sich im Grenzgebiet die Leichen hunderter getöteter Angreifer befinden, welche noch nicht geborgen wurden. Die Armee durchkämme weiterhin Orte in Grenznähe auf der Suche nach Terroristen, welche sich nicht in den Gazastreifen zurückgezogen hätten. Das Combat Engineering Corps der IDF riegelte derweil die Durchbruchsstellen der Grenzbarrieren ab und räumte von der Hamas hinterlassene Kampfmittel.[150]

Am Nachmittag meldeten die IDF, die Grenzorte Beʾeri und Reʿim befreit zu haben, wobei es zu Zusammenstößen zwischen Truppen der 99. Division und bewaffneten Terroristen gekommen sei. Divisionskommandeur Barak Hiram teilte mit, dass sich die Kämpfe als „sehr schwierig“ gestaltet hätten, da von Haus zu Haus vorgegangen werden musste, wobei Terroristen teilweise in israelischen Uniformen und verschanzt aus Schutzräumen heraus das Feuer eröffnet hätten. Die Division habe in den Kämpfen mehrere Gefallene und Verwundete erlitten. Hiram teilte weiter mit, dass allein in Beʾeri die Leichen von 108 Terroristen und über 100 israelischen Zivilisten aufgefunden worden seien.[151] Bei den Kämpfen um Be’eri kam auch die Elite-Kommandoeinheit Schajetet 13 zum Einsatz, welche laut Armeeangaben auch bei der Rückeroberung eines Militärpostens in Sufa sowie bei der Befreiung von Kfar Aza, Saʿad, Mefalsim und Nir Oz mitgewirkt habe. Die Einheit sei für den Tod von rund 60 Terroristen und die Gefangennahme von 26 weiteren sowie für die Befreiung von rund 250 Geiseln verantwortlich. Sie veröffentlichte Aufnahmen ihrer Einsätze.[152] Die Zeitung Haaretz zitierte einen Überlebenden aus Be’eri, demzufolge die israelische Armee bei der Rückeroberung „schwierige Entscheidungen“ getroffen und Häuser beschossen habe, ohne zu wissen, ob sich in ihnen noch Geiseln befinden.[153]

Einzelne, versprengte Terroristen wurden in den folgenden Tagen unter anderem bei Kissufim[154] und Nir Am getötet.[155]

Folgeereignisse

8. Oktober

Von Israelis zerstörte Polizeistation in Sderot am 8. Oktober, nachdem sich dort palästinensische Terroristen verbarrikadiert hatten[156]
Auswirkungen der infolge des Terrorangriffs auf Israel erfolgten israelischen Luftschläge auf den Gazastreifen am 8. Oktober

Politische Vorgänge

Am 8. Oktober verkündete das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, dass das israelische Sicherheitskabinett einer Versetzung des Landes in den Kriegszustand zugestimmt und es zur Durchführung erheblicher militärischer Aktivitäten ermächtigt habe.[157][158] Aufgrund der Kampfhandlungen wurden die Schulen im gesamten Land, sowie sämtliche Geschäfte südlich von Netanja und nördlich des zentralen Negev-Gebietes, welche über keine Schutzräume verfügen, geschlossen.[159] Zudem ernannte Netanjahu den Brigadegeneral der Reserve, Gal Hirsch, zum Verantwortlichen der Regierung für vermisste und entführte Bürger, wobei alle Regierungsbehörden in dieser Angelegenheit seiner Leitung unterstellt wurden.[160]

Laut einer vom israelischen Außenministerium zusammengestellten Liste hatten bis dahin rund 84 Länder und Nationen Erklärungen zur Unterstützung Israels veröffentlicht, wobei in vielen Ländern, darunter den USA, Großbritannien, Australien, Frankreich, Norwegen und Österreich, mehrere politische Führer Erklärungen abgaben, in denen sie die Angriffe verurteilten und Israels Recht auf Selbstverteidigung unterstützten. Außenminister Eli Cohen sprach dabei innerhalb von 24 Stunden mit 17 Außenministern, überwiegend aus Europa. Er hielt auch ein Briefing für ausländische Diplomaten in Israel und für israelische Diplomaten im Ausland ab.[161]

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin gab bekannt, dass die Regierung der Vereinigten Staaten die israelischen Streitkräfte mit zusätzlicher Ausrüstung und Ressourcen, einschließlich Munition, versorgen werde. Zudem gab er bekannt, dass eine Flugzeugträgerkampfgruppe um den Flugzeugträger Gerald R. Ford in das östliche Mittelmeer verlegt werde und die Kampfflugzeugstaffeln in der Region verstärkt würden.[162]

Ende Januar 2024 übermittelte Israel dem UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA Informationen über die mutmaßliche Beteiligung mehrerer von dessen Mitarbeiter am Terrorangriff der Hamas auf Israel. Die UNRWA kündigte daraufhin an, eine mögliche Beteiligung mehrerer seiner Mitarbeiter am Hamas-Massaker in Israel zu prüfen. UN-Generalsekretär António Guterres zeigte sich entsetzt über die Nachricht, dass mehrere UNRWA-Mitarbeiter in die Terroranschläge in Israel verwickelt sein könnten und drohte den Betroffenen mit sofortiger Entlassung sowie strafrechtlichen Konsequenzen, sollte die Untersuchung ihre Beteiligung an den Attacken ergeben.[163]

Beschuss Israels aus dem Libanon

Am frühen Vormittag meldete die IDF, dass sie mit Artilleriebeschuss und einem Drohnenangriff auf Ziele der Hisbollah-Infrastruktur im Südlibanon reagiert habe, nachdem von dort aus mehrere Mörsergranaten auf Mount Dov, im von Israel besetzten Gebiet der Schebaa-Farmen, abgefeuert worden waren. Die libanesische Terrormiliz Hisbollah übernahm die Verantwortung und gab an, drei israelische Militärstandorte in der Mount Dov-Region, aus Solidarität mit dem palästinensischen Widerstand, angegriffen zu haben. Die im Südlibanon stationierte UN-Friedenstruppe UNIFIL bestätigte den gegenseitigen Beschuss, bei dem es nach offiziellen Angaben zu keinen Opfern gekommen war, und rief beide Seiten zur Zurückhaltung und Deeskalation auf.[164][165][166][167][168][169]

Kampfhandlungen in Israel und Angriffe im Gazastreifen

Im Laufe des Tages kam es zu sporadischem Raketenbeschuss auf Israel, wobei in Sderot, Netiwot und Aschkelon mehrere Gebäude getroffen und mindestens fünf Menschen verletzt wurden.[170][171][172][173]

Die israelische Luftwaffe flog eine Welle schwerer Luftangriffe im Gazastreifen,[174] wobei hunderte Ziele, davon mindestens 120 in der nördlich gelegenen Stadt Beit Hanun und etwa 150 in Shejaiya, einem Viertel von Gaza-Stadt, angegriffen worden seien. Die IDF bezeichnete Beit Hanun und Shejaiya als „Terrornester“, welche von der Hamas für Angriffe gegen Israel genutzt würden.[175][176] Die israelische Marine beschoss ebenfalls Ziele im Gazastreifen und meldete unter anderem die Zerstörung mehrerer Raketenwerfer.[177]

Der hochrangige Hamas-Funktionär Moussa Abu Marzouk gab bekannt, dass die Terrorgruppe rund 130 israelische Geiseln festhalte, darunter hochrangige Armeeangehörige.[178] Am Ende des Tages meldete zudem Abu Obaida, ein Sprecher des militärischen Flügels der Hamas, dass in mehreren Gebieten nahe der nördlichen Gaza-Grenze, darunter Zikim, Sufa und Mefalsim, immer noch Kämpfe andauerten und dass in Mavki'im, südlich von Aschkelon, zahlreiche israelische Sicherheitskräfte getötet und verwundet worden seien.[179]

Am Ende des zweiten Tages gab das Gesundheitsministerium bekannt, dass seit Beginn des Angriffs die Zahl der Verletzten und in israelischen Krankenhäusern behandelten Israelis auf 2.315 gestiegen sei. Zudem seien bereits mehr als 700 Tote zu beklagen, Tendenz steigend.[180]

9. Oktober

Politische und wirtschaftliche Vorgänge

Ein Sprecher der ANZ-Bankengruppe gab bekannt, dass seit dem Angriff der Hamas am Wochenende, die Ölpreise um mehr als vier Prozent gestiegen seien. Brent sei im frühen Asiengeschäft um 4,7 Prozent auf 86,65 US-Dollar, sowie West Texas Intermediate um 4,5 Prozent auf 88,39 US-Dollar gestiegen. Entscheidend für die Märkte sei, ob der Konflikt eingedämmt bleibe, oder sich auf andere Regionen, insbesondere Saudi-Arabien, ausweite und es zu einer Einbeziehung von Iran und USA komme.[181]

Die israelische Zentralbank teilte mit, dass sie, auf die durch den Hamas-Angriff entstandene Marktunsicherheit, wobei der Schekel gegenüber dem US-Dollar auf ein nahezu achtjähriges Tief gefallen war, mit dem Verkauf von Devisen in der Höhe von bis zu 30 Milliarden US-Dollar reagiere, um die Schekel-Währung zu stützen.[182]

Nayib Bukele, Präsident von El Salvador mit palästinensischer Abstammung, verurteilte die Hamas nach ihrem Angriff auf Israel und verglich die Organisation mit der in seinem Land operierenden Mara Salvatrucha.[183] Irans Präsident Ebrahim Raisi hingegen lobte in einem Telefongespräch mit Ziyad an-Nachala, Führer der Organisation Islamischer Dschihad in Palästina, den Angriff auf Israel als „innovative Operation“.[184]

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell berief für den Folgetag eine Dringlichkeitssitzung der EU-Außenminister ein, um die Situation in Israel und in der Region zu besprechen,[185] während Olivér Várhelyi, Kommissar für Erweiterung und Europäische Nachbarschaftspolitik, bekanntgab, dass die Entwicklungshilfezahlungen an die Palästinenser gestoppt und die Unterstützung in Höhe von 691 Millionen Euro einer erneuten Prüfung unterzogen werde.[186]

UN-Generalsekretär António Guterres kritisierte die Angriffe der Hamas auf Israel und forderte die Terrorgruppe auf, alle Geiseln freizulassen. Gleichzeitig äußerte er sich besorgt über die Reaktion Israels, welche unter anderem auf die zivile Infrastruktur abziele, sowie die Zahl der Todesopfer auch auf palästinensischer Seite, darunter viele Frauen und Kinder, wobei er daran erinnerte, dass Militäreinsätze in strikter Übereinstimmung mit dem humanitären Völkerrecht durchgeführt werden müssten.[187]

Kampfhandlungen in Israel und dem Gazastreifen

Ungefähres Lagebild am 9. Oktober

In der Nacht vom 8. zum 9. Oktober sowie im Verlauf des Tages erfolgte unter Einsatz von Kampfflugzeugen, Helikoptern und Artillerie ein umfassender Angriff Israels auf den Gazastreifen, bei dem nach israelischen Militärangaben mehr als 1.000 Ziele getroffen wurden.[188] Durch die Luftangriffe des israelischen Militärs wurde auch ein Markt des Flüchtlingslagers Dschabaliya getroffen, der mit Zivilisten bevölkert war.[189][190]

Auch die Hamas feuerte erneut Raketen auf israelisches Gebiet ab, dabei kam es zu Einschlägen in Tel Aviv, unter anderem nahe dem Flughafen Ben Gurion, in Aschdod und Aschkelon, sowie nahe Jerusalem, wobei mindestens acht Menschen verletzt wurden.[191][192][193][194][188][195] IDF-Sprecher Daniel Hagari meldete am späten Vormittag, dass seit Beginn des Hamas-Angriffs rund 4.400 Raketen auf Israel abgefeuert worden seien[196] und betonte, dass Yahya Sinwar, Leiter der Hamas im Gazastreifen und damit Kommandeur der Kampagne vom 7. Oktober, ein „toter Mann“ sei.[197]

Am Nachmittag gab die IDF bekannt, drei Bewaffnete nahe dem Beduinendorf Arab al-Aramshe, im Norden Israels, getötet zu haben, welche aus dem Libanon nach West-Galiläa eingedrungen waren. Im Zuge der Kampfhandlungen wurden laut IDF auch ein israelischer Soldat getötet und fünf weitere verwundet.[198][199] Zudem war es in zwei Ortschaften in Ober-Galiläa zur Auslösung von Luftalarm gekommen, nachdem zwei Mörsergranaten aus dem Libanon auf Nordisrael abgefeuert worden waren, von denen eine in offenem Gelände und die zweite noch im Libanon eingeschlagen war.[200] Die israelische Armee beschoss daraufhin drei Ziele im Südlibanon, darunter einen Hisbollah-Beobachtungsposten.[201] Das Heimatfrontkommando der IDF forderte die Bewohner von 28 Ortschaften im Norden Israels, welche nahe der libanesischen Grenze liegen, auf, bis auf Weiteres Schutzräume aufzusuchen.[202] Die Verantwortung für den Infiltrationsversuch nach Israel übernahm später am Abend die Organisation Palästinensischer Islamischer Dschihad.[203] Die Hisbollah gab noch am selben Tag den Tod drei ihrer Mitglieder durch israelische Vergeltungsangriffe bekannt.[204][205]

Am Abend gab IDF-Sprecher Daniel Hagari im Zuge einer Pressekonferenz bekannt, dass die Durchbrüche an den Grenzanlagen abgeriegelt seien und Terroristen, welche sich ihnen nähern, mit Unterstützung der Luftwaffe bekämpft würden. Die Intensität der Angriffe der israelischen Luftwaffe auf den Gazastreifen sei fünfmal so hoch wie die der Angriffe auf die Hisbollah im Libanonkrieg 2006. Zudem habe das Militär die Evakuierung der in Grenznähe zum Gazastreifen liegenden Orte abgeschlossen, wobei es einige Familien gebe, die sich entschieden hätten, zu bleiben. Die Säuberung Südisraels von Terroristen, welche buchstäblich von Haus zu Haus erfolge, sei noch im Gange.[206]

Blockade des Gazastreifens

Nach einem Beschluss des israelischen Sicherheitskabinetts gab der israelische Verteidigungsminister eine „totale Blockade“ des Gazastreifens bekannt, die auch ein Einfuhrverbot aller Waren, einschließlich Lebensmittel und Treibstoff, vorsah. Damit stellte Israel auch die Wasserversorgung in den Gazastreifen, in dem etwa 2,3 Millionen Menschen wohnen, ein. Die Strom- und Energiezufuhr hatte Israel bereits zwei Tage zuvor gestoppt.[195][207][208] Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte erklärte, dass eine vollständige Blockade gegen humanitäres Völkerrecht verstoße.[209] Nach Angaben des UN-Hilfswerks für Palästinensische Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) wurden mehr als ein Dutzend UN-Einrichtungen in Gaza durch israelischen Beschuss getroffen, darunter auch eine Notunterkunft. Laut der UNRWA sind etwa 137.000 Menschen im Gazastreifen in UN-Notunterkünften untergebracht und diese damit zu 90 % belegt.[195] Laut OCHA lag die Zahl der Binnenflüchtlinge im Gazastreifen bei etwa 123.500.[210] Nach den Angriffen der Hamas hatte es 73.538 Binnenflüchtlinge im Gazastreifen gegeben.[211] Nach Angaben des Gesundheitsministeriums im Gazastreifen waren mit Stand 9. Oktober durch Beschuss der israelischen Armee als Reaktion auf die massiven Angriffe der Hamas mindestens 560 Menschen im Gazastreifen getötet und etwa 2900 verletzt worden.[195]

10. Oktober

Kampfhandlungen in Israel und dem Gazastreifen

Durch Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen wurden in Aschkelon und Eschkol zwei Menschen getötet und zwei verletzt.[212][213][214] Zudem traf eine aus dem Gazastreifen abgeschossene Rakete ein Dorf bei Tulkarm im Westjordanland, wobei ein Palästinenser getötet wurde.[215]

Beschuss Israels aus dem Libanon und Syrien

Am Abend gab das Militär bekannt, dass 15 Raketen aus dem Libanon auf West-Galiläa, im Norden Israels, abgefeuert und vier davon durch das Luftabwehrsystem Iron Dome abgefangen worden seien. Die restlichen Raketen seien in offenes Gelände eingeschlagen und hätten keine Schäden verursacht. Die israelische Armee habe mit Artillerie- bzw. Panzerbeschuss auf zwei Hisbollah-Stellungen geantwortet.[216][217][218] Zudem seien zwei Panzerabwehrraketen auf ein gepanzertes israelisches Fahrzeug in der Nähe der nördlichen Stadt Avivim abgefeuert worden, wobei es zu keinen Verlusten gekommen sei. Daraufhin habe ein Kampfhubschrauber eine weitere Hisbollah-Stellung beschossen.[219] Die Bewohner der am weitesten im Norden gelegenen Ortschaft Israels, Metulla, wurden aufgefordert, aus Sicherheitsgründen ihre Häuser zu verlassen.[220]

Später gab die IDF auch bekannt, dass mehrere Mörsergranaten aus Syrien, in offenes Gelände der israelisch besetzten Golanhöhen, abgefeuert worden seien, wobei es keine Verletzten oder Schäden gegeben habe. Die Abschussorte seien daraufhin von israelischer Artillerie beschossen worden.[221][222]

Am Ende des Tages gab das Gesundheitsministerium bekannt, dass bislang in Israel mehr als 2.900 Menschen verletzt und bereits über 1.000 Menschen getötet worden seien.[223]

Ereignisse ab 11. Oktober

Nachdem die verbliebenen Terroristen von israelischem Territorium zurückgeschlagen worden waren, intensivierten die israelischen Verteidigungsstreitkräfte in den folgenden Wochen die Angriffe auf von der Hamas genutzte Strukturen im Gazastreifen, um eine Bodenoffensive vorzubereiten. Nach Angaben des von der Hamas geführten Gesundheitsministeriums wurden bei israelischen Kampfhandlungen bis Ende Oktober über 8.000 Palästinenser getötet.[224] Israel ging von zu diesem Zeitpunkt 224 Geiseln in der Hand der Hamas aus. Die Qassam-Brigaden der Hamas behaupteten, es seien bisher etwa 50 Geiseln durch israelische Luftschläge getötet worden.[225] 54 der Geiseln sind aus Thailand und arbeiteten wie etwa 5.000 Landsleute zum Zeitpunkt des Terrorangriffs in Israel in der Landwirtschaft, fünf weitere aus Nepal und zwei von den Philippinen; keine dieser Geiseln besitzt die doppelte Staatsbürgerschaft.[226] Die Hamas betrachtet alle ihre über 200 in den Gazastreifen verschleppten Geiseln als Israelis, unabhängig davon, ob sie eine zweite Staatsangehörigkeit haben.[227] Die Zerstörung der militärischen und politischen Strukturen der Hamas war eines der Hauptziele der ab dem 27./28. Oktober 2023 von die IDF im Gazastreifen geführten Bodenoffensive. Dieses Ziel wurde am 14. November 2023 teilweise erreicht; IDF-Soldaten konnten an diesem Tag das Parlamentsgebäude, das Hauptquartier der Militärpolizei und des militärischen Flügels der Hamas, das Polizeipräsidium und den Regierungskomplex in Gaza-Stadt erobern, sodass die islamistische Terrororganisation de facto keine Kontrolle mehr über den Gazastreifen hatte.[228]

Cyberkrieg

Mit dem Angriff der Hamas wurde Israel zeitgleich mit den ersten Raketen Ziel von Hackerangriffen, darunter DDoS-Attacken. Bis zum 12. Oktober beteiligten sich 58 Gruppierungen am Cyberkrieg, von denen die Mehrzahl gegen Israel agierten; einige wenige waren zugunsten Israels aktiv und legten palästinensische Websites vorübergehend lahm. Unter den antiisraelischen Gruppierungen sind prorussische Hackergruppen, die auch im Cyberkrieg im Bezug zum Russland-Ukraine-Krieg gegen die Ukraine und ihre Verbündeten vorgingen.[229] Die prorussische Gruppe Killnet, die im Januar 2023 Hackerangriffe gegen deutsche Behörden und Unternehmen startete,[230] ist verantwortlich für Angriffe gegen die Ukraine sowie gegen Israel. Die als prorussisch aufgefallene Hacker-Gruppierung Anonymous Sudan brüstete sich: Die Website des Radarwarnsystems Farbe Rot (Tzeva Adom) sollte die israelische Bevölkerung vor Gefahren wie Raketenangriffen warnen – jetzt sei sie nicht mehr funktional.[229][231] Außerdem gelang es der Hacktivistengruppe AnonGhost die Mobile App Red Alert mit falschen Raketenmeldungen, Spamnachrichten und Morddrohungen zu fluten.[232] Der Stuttgarter Cybersicherheitsforscher Mirko Ross gibt hierbei zu bedenken, dass es sehr schwierig sei, die Angriffe konkreten Gruppen zuzuordnen, weil es auch Operationen von Geheimdiensten unter falscher Flagge geben könne.[233]

Desinformation und Verschwörungstheorien

Julia Smirnova vom Institute for Strategic Dialogue Germany (ISD) sagte, Russland instrumentalisiere „auf zynische Weise diese Tragödie, um antiwestliche und antiukrainische Narrative zu verbreiten“. So behaupteten der russische Duma-Chef Wjatscheslaw Wiktorowitsch Wolodin wie auch der Sender RT, die Ukraine habe vom Westen gelieferte Waffen an Länder des Nahen Ostens sowie die Hamas weiterverkauft. Auch die rechte US-Politikerin Marjorie Taylor Greene äußerte sich ähnlich. In prorussischen Kanälen wie dem von Alina Lipp wurde geschrieben, dass ukrainische Geflüchtete für die Hamas arbeiten würden. In einigen propalästinensischen und verschwörungsideologischen Kanälen werden die Angriffe als lediglich von Israel inszeniert dargestellt. Laut Josef Holnburger vom Center für Monitoring, Analyse und Strategie (CeMAS) wird auf vielen deutschsprachigen verschwörungsideologischen Plattformen die Behauptung aufgestellt, Israel habe die Angriffe bewusst geschehen lassen, um einen Vorwand zu haben, selbst anzugreifen. Israel sei nach dieser Logik der Mörder an der eigenen Bevölkerung und würde von den Angriffen profitieren, laut Holnburger eine „starke Umkehr der Täter-Opferperspektive“. Ebenfalls geläufig sei die Dämonisierung Israels; so wurde ein angebliches Zitat des israelischen Verteidigungsministers Joaw Galant verbreitet, nach dem Israel alle Regeln der Kriegführung aufgehoben habe und die Soldaten für nichts verantwortlich gemacht würden, was Galant jedoch nie gesagt hatte. Häufig werde Israel auch eine Teil- oder Alleinschuld an den Angriffen zugewiesen.[234]

Die EU leitete im Oktober 2023 ein Verfahren gegen den Online-Dienst X wegen Verbreitung falscher und irreführender Informationen und Videos im Zusammenhang mit dem Überfall ein. Auch auf den Diensten Facebook, TikTok oder Instagram nahmen Falschmeldungen und Desinformation deutlich zu.[235] Selbst in der medialen Berichterstattung gab es laut Haaretz und France 24 einige Meldungen von unverifizierten Gräueltaten.[236][237][238][239] Ein Sprecher für ZAKA, eine israelische Ersthelferorganisation, auf deren Mitglieder einige dieser Berichte zurückgingen, räumte gegenüber France 24 ein, Ersthelfer hätten gefundene Überreste manchmal falsch interpretiert.[238]

Opfer

Israelis

Das Foto zeigt eine Person mit Flagge Israels, die eine Kerze zu dem Kerzenmeer stellt
Solidaritätskundgebung in Hof auf dem Gelände der ehemaligen Synagoge

Bis 14. November 2023 konnten nach Angaben der israelischen Polizei 1.239 Todesopfer des Terrorangriffs am 7. Oktober sowie den nachfolgenden Kämpfen in Israel, bis zum Beginn der Bodenoffensive im Gazastreifen, identifiziert werden. Darunter befanden sich 859 Zivilisten, 322 Soldaten und 58 Polizisten. 70 Soldaten und eine Polizistin starben darüber hinaus nach dem Beginn der Bodenoffensive (Stand: 25. November 2023).[240][241] Die Zahl der durch den Terrorangriff in Israel getöteten Israelis und Ausländer war zuvor wochenlang mit über 1.400 angegeben worden, was laut einem Sprecher des israelischen Außenministeriums auf dem Mitzählen bis dahin nicht identifizierter Leichen beruhte, von den sich später viele als getötete Terroristen herausstellten. Der Großteil der Identifizierungsarbeiten fand am Hauptstützpunkt des Militärrabbinats in Ramla statt.[242] Nach Angaben des israelischen Gesundheitsministeriums vom 22. Oktober wurden durch den Terrorangriff 5.431 Menschen in Israel verletzt, davon befanden sich noch 302 in medizinischer Behandlung.[243]

Am 15. Dezember 2023 berichtete Agence France Presse basierend auf Daten der israelischen Sozialversicherungsbehörde, die endgültigen Opferzahlen des am 7. Oktober begonnenen Terrorangriffs belaufen sich auf 1.139 Tote – 695 israelische Zivilisten, darunter 36 Minderjährige, 373 Mitglieder der israelischen Sicherheitskräfte und 71 Ausländer.[1] Unter den 36 Minderjährigen waren 20 unter 15 Jahre alte Kinder.[1] Das jüngste Opfer war die zehn Monate alte Mila Cohen, die in Be'eri von einer Kugel getroffen wurde.[1] Nicht in den Opferzahlen enthalten seien fünf noch als vermisst gemeldete Personen, darunter vier Israelis.[1] Die Daten unterscheiden ferner nicht zwischen den von der Hamas und den von den israelischen Streitkräften bei den Kämpfen um die Rückeroberung des Südens Israels getöteten Zivilisten.[1] Die israelische Armee setzte bei dieser Operation laut Zeugenaussagen Panzergeschosse und Raketen in bewohnten Gebieten ein.[1][244]

Die Identifizierung getöteter Zivilisten erfolge hauptsächlich anhand von Fingerabdrücken, zahnärztlichen Unterlagen und durch DNA-Prozess, bei getöteten Soldaten werde zusätzlich auf deren Erkennungsmarken zurückgegriffen.[245] Am 7. November gab die Israel Antiquities Authority bekannt, dass Archäologen ihrer Behörde seit rund zwei Wochen die Bemühungen der IDF unterstützen würden, Überreste vermisster Menschen in Häusern und Fahrzeugen zu identifizieren, die während des Terrorangriffs in israelischen Gemeinden rund um den Gazastreifen verbrannt wurden. Seit Beginn der gemeinsamen Anstrengungen sei es gelungen, zehn Verstorbene eindeutig zu identifizieren, die zuvor als vermisst gegolten hatten.[246]

Die opferreichsten Massaker ereigneten sich von Norden im Uhrzeigersinn gesehen in den Gebieten von Zikim (≈ 30 Tote), Netiv HaAsara (≈ 30 Tote), Sderot (≈ 60 Tote), Kfar Aza (≈ 70 Tote), Nachal Oz (≈ 90 Tote), Be’eri (≈ 120 Tote), Reʿim (≈ 420 Tote hauptsächlich bei einem Musikfestival), Ofakim (≈ 45 Tote), Kissufim (≈ 30 Tote), Nir Oz (≈ 45 Tote) und Cholit (≈ 20 Tote).[247]

Forensiker, die versuchten, die besonders übel zugerichteten oder teilweise verbrannten Leichen der insgesamt 1200 Opfer zu identifizieren, berichteten über die Gewalt, die den Opfern vor oder nach ihrem Tod zugefügt wurde. Menschen seien verbrannt, Frauen massenhaft vergewaltigt worden.[248]

In der Zeit seit dem Holocaust hat es bis dahin keinen anderen Tag gegeben, an dem so viele Juden ermordet wurden.[249][250][251][252][253] Der Unabhängigkeitskrieg 1947 bis 1949 forderte über einen Zeitraum von fast zwei Jahren zusammen etwa 6080 Todesopfer, davon etwa 2000 Zivilisten. Während der zwei Wochen des Jom-Kippur-Krieges 1973 wurden etwa 2600 Israelis getötet, jedoch nur sehr wenige zivile Opfer. 1036 Israelis fielen während der viereinhalb Jahre dauernden zweiten Intifada 2000 bis 2005 Terroranschlägen zum Opfer. Beim tödlichsten Anschlag auf jüdisches Leben außerhalb Israels – dem Anschlag von Buenos Aires 1994 – wurden 85 Menschen ermordet.[249][250]

Ausländer und Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft

Unter den Opfern befinden sich auch zahlreiche Ausländer und Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft. Von den ausländischen Behörden wurden um die 200 Tote bestätigt.[254][255][256]

Land Getötet Entführt Vermisst Einzelnachweis
Argentinien Argentinien 09 21 [254][256]
Aserbaidschan Aserbaidschan 01 [254]
Australien Australien 01 [254]
Belarus Belarus 03 01 [254][256]
Brasilien Brasilien 03 [254][256]
Chile Chile 01 01 [254][256]
Deutschland Deutschland 0einstellig 0zweistellig [257][256]
Frankreich Frankreich 41 6 [254][256][258][259]
Honduras Honduras 01 [256]
Irland Irland 01 [254]
Italien Italien 02 01 [255][256]
Kambodscha Kambodscha 01 [254]
Kanada Kanada 06 02 [254][256]
Kolumbien Kolumbien 01 01 [254][256]
Mexiko Mexiko 02 [254][255]
Nepal Nepal 10 1 [254][256]
Osterreich Österreich 04 01 [260]
Paraguay Paraguay 0 02 [254][256]
Peru Peru 03 04 [254][256]
Philippinen Philippinen 04 01 02 [254][256][261]
Portugal Portugal 04 02 [254][256]
Rumänien Rumänien 05 01 [254][256]
Russland Russland 19 02 07 [254][262]
Schweiz Schweiz 01 [263]
Spanien Spanien 01 01 [254][256]
Sri Lanka Sri Lanka 02 [255]
Sudafrika Südafrika 02 [256]
Tansania Tansania 02 [255]
Thailand Thailand 33 54 [264]
Turkei Türkei 01 01 [256]
Ukraine Ukraine 18 0 [254][256]
Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten 31 13 [254][256]
Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich 09 7 [254][256]
China Volksrepublik Volksrepublik China 04 02 [254][256]

Bewertung als Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit

Hamas und andere bewaffnete palästinensische Gruppen drangen in Häuser dutzender Dörfer ein, erschossen massenhaft Zivilisten und nahmen zahlreiche israelische Zivilisten als Geiseln nach Gaza. Laut Human Rights Watch stellt das gezielte Angreifen von Zivilisten, willkürliche Angriffe auf und die Geiselnahme von Zivilisten Kriegsverbrechen nach dem humanitären Völkerrecht dar.[265] Diese Handlungen wurden von Rechtsexperten als Kriegsverbrechen und als vermutliche Verbrechen gegen die Menschlichkeit beschrieben.[266][267] Auch von der israelischen Regierung wurde der Angriff palästinensischer Gruppen als Kriegsverbrechen eingestuft.[268] Der Schweizer Völkerrechtler Oliver Diggelmann wertete den Großangriff der Hamas auf Israel als „bestialisches Kriegsverbrechen“, bei dem es sowohl Enthauptungen wie beim Islamischen Staat gegeben habe als auch Massaker an Kindern.[269] Die Hamas gab an, mit den Geiselnahmen 5200 bis 6000 Palästinenser, die sie als politische Gefangene bezeichnet, aus israelischen Gefängnissen freipressen zu wollen.[270][271] Auch der Missbrauch der palästinensischen Zivilbevölkerung als menschliche Schutzschilde gegen die israelische Antiterroroperation stellt gemäß der deutsch-schweizerischen Völkerrechtlerin Anne Peters ein Kriegsverbrechen dar.[272]

Vergewaltigungen und sexualisierte Gräueltaten der Hamas gegen Frauen

Bereits am 7. Oktober wurden Aufnahmen verbreitet, die auf sexualisierte Gewalt gegen Frauen und Mädchen hinwiesen. Hamas-Terroristen filmten viele ihrer Taten, um die Videos als Instrument psychologischer Kriegsführung einzusetzen. Die Videoaufnahmen der Gewalttaten wurden anschließend in sozialen Medien verbreitet und teilweise direkt mit den Smartphones der Opfer an Familienangehörige versandt. Zu sehen sind Frauen, die missbraucht und wehrlos auf Motorräder gehievt oder auf die Ladeflächen von Trucks geworfen werden. Auch Frauenleichen, die bespuckt werden, sowie von bewaffneten Männern als Trophäen zur Schau gestellte Frauen wurden gezeigt. In einem Video war eine Frau zu sehen, deren Hände mit einem Kabelbinder auf dem Rücken gefesselt waren, mit Blut im Schritt ihrer Hose.[273][274] Später wurden die Verbrechen und die Art ihrer Ausführung durch Zeugen und Ersthelfer bestätigt. Eine Zeugin berichtete von einer Gruppenvergewaltigung auf dem Nova-Rave-Gelände in der Nähe von Re’im, und Ersthelfer des Freiwilligendienstes Zaka berichteten von Frauenleichen, die deutlich sichtbare Spuren sexueller Gewalt aufwiesen. Eine forensische Mitarbeiterin sagte aus, unter den Leichen zahlreiche Frauen und Mädchen gesehen zu haben, die so vergewaltigt worden seien, dass es „ihre Knochen gebrochen“ habe. Ebenso habe man „amputierte Genitalien gesehen“.[275][276][277][278] Die Annahme, dass die Terroristen explizit auch Vergewaltigungen gefilmt hatten, konnte in späteren Untersuchungen von Hamas-Videos nicht bestätigt werden.[279]

Die islamistische Terrormiliz Hamas wies Vorwürfe von systematischer sexueller Gewalt gegen Frauen als Kriegsmittel zurück. Der Hamas-Funktionär Basem Naim betonte, dass solche Handlungen den Grundsätzen des Islam widersprächen und als schwerwiegende Verletzung betrachtet würden. Er erklärte, dass die Hamas ihre Kämpfer nicht in solche verbotenen Handlungen involvieren würde. Andere Terrormilizen im Nahen Osten haben Vergewaltigung als Waffe eingesetzt, jedoch behaupteten auch sie, keine sexuelle Gewalt begangen zu haben. Experten betonten, dass erstmals im israelisch-palästinensischen Konflikt systematische Anwendung von Gewalt gegen Frauen festgestellt wurde.[273]

Verhörausschnitte mit Hamas-Terroristen konnten die militärische Anweisung zur Vergewaltigung von Frauen belegen. Laut den Verhöraussagen sollte 10.000 Dollar und eine Wohnung erhalten, wer Geiseln nach Gaza verschleppe. Opfer dieser Gewalt sollen nicht nur jüdische Frauen, sondern auch muslimische und arabische Beduininnen gewesen sein, die von den Tätern als „Verräter“ betrachtet wurden, weil sie auf israelischem Boden lebten.[280]

Der Sozialpsychologe Rolf Pohl äußerte zu den Taten der Hamas am 7. Oktober in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung, dass das Filmen von eigenen Handlungen, insbesondere Vergewaltigungen und Morden, als eine „moderne Variante der Zurschaustellung von Kriegstrophäen, um die eigene Stärke doppelt zu demonstrieren“, betrachtet werden könne.[281]

Die Kriegsreporterin Christina Lamb beschrieb Vergewaltigungen, wie sie beim Terrorangriff der Hamas begangen wurden, als eine Form der Kriegsführung: „Wenn Frauen und Mädchen vergewaltigt werden, demütigt und terrorisiert das den Feind. Es ist außerdem destabilisierend für eine Gesellschaft, wenn sie ihre Frauen und Kinder nicht schützen kann.“ Lamb stellt zudem fest, dass die Berichterstattung zu diesem Thema oft unzureichend sei und diese systematischen Kriegsverbrechen gegen Frauen und Mädchen kaum Beachtung fänden.[282]

Die Rechtswissenschaftlerin und Frauenrechtlerin Ruth Halperin-Kaddari sagte, sie habe „nicht das Ausmaß der Grausamkeit und Brutalität erwartet, von der wir jetzt sehen, dass sie ein bedeutender Teil des Hamas-Massakers war“. Durch den „Einsatz von Frauenkörpern als Kriegswaffe“ habe die Hamas Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen, die einem Völkermord gleichkämen. Zudem schockiere sie das Schweigen der Welt und aller internationalen Frauenrechtsorganisationen; diese zögen es vor, die begangene sexuelle Gewalt „zu verschweigen oder herunterzuspielen“.[283]

Viele internationale Frauenorganisationen ignorierten die sexualisierte Gewalt durch die Hamas. Der UN-Ausschuss für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau verurteilte Mitte Oktober lediglich „die Angriffe auf Zivilisten in Israel und den besetzten palästinensischen Gebieten“, ohne die sexuelle Gewalt der Hamas zu erwähnen.[278]

Die israelische Polizei nahm aufgrund der Berichte über massenhafte sexuelle Verbrechen an Frauen Ermittlungen auf. Es seien bisher rund 1500 Zeugenaussagen zu den Vorfällen und 60.000 Videos aus beschlagnahmten Körperkameras von Hamas-Angreifern dokumentiert worden. Daraus werde deutlich, dass die Hamas-Terroristen sexuelle Gewalt systematisch als Kriegswaffe benutzt hätten. Im November veröffentlichte die Organisation Ärzte für Menschenrechte Israel ein erstes Gutachten,[284] dem zufolge es sicher sei, dass sexuelle Gewalt während der Hamas-Angriffe am 7. Oktober weit verbreitet war.[285][286] Laut Guy Shalev, medizinischer Anthropologe und Direktor der NGO, reichen die Beweise und Berichte aus, „um eine Untersuchung der Vorfälle als Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu rechtfertigen“.[287] Die Juristin Cochav Elkayam Levy leitet eine Nichtregierungskommission, die Verbrechen gegen Frauen und Kinder am 7. Oktober untersucht. Die Expertenkommission arbeitet an der Erstellung einer umfassenden Datenbank über den Angriff an diesem Tag, basierend auf den Aussagen von Überlebenden, Zeugen, Gerichtsmedizinern, Ersthelfern, der Polizei und Körperkameras von Hamas-Angreifern sowie den aufgezeichneten Aussagen bei Verhören durch israelische Sicherheitskräfte.[273] Gegenüber der Süddeutschen Zeitung sagte sie: „Wir haben die Expertenkommission am achten Tag des Krieges eingerichtet, weil immer mehr Zeugnisse brutaler Verbrechen gegen Frauen und Kinder ans Licht kamen“. Dabei handele es sich nicht nur um sexualisierte Verbrechen. „Die Organe von Frauen herauszuschneiden, eine Granate im Körper einer Frau zu verstecken, ein Baby vor den Augen seiner Mutter zu töten, oder Mütter vor ihren Kindern, Frauen und Kinder zu entführen – all dies ist geschlechtsspezifische Gewalt“.[288] Viele Berichte seien durch mehrere Quellen verifiziert. Die Juraprofessorin Yifat Bitton sagte, viele der Überlebenden seien zutiefst traumatisiert, und es könnte dauern, bis alle von ihren Erlebnissen sprechen.[289]

Nach Protesten und Kritik äußerte sich UN-Generalsekretär António Guterres erstmals am 29. November in New York auf X zu der sexualisierten Gewalt während der Angriffe. Eine Kommission der UN leitete Untersuchungen ein.[278] Laut Elkayam Levy richtete das „anfängliche Schweigen, das Nichterwähnen, das späte Eingeständnis sexualisierter Gewalt“ bereits Schaden an. Für Überlebende und deren Angehörige sei es „ein zweites Trauma, nicht richtig gehört zu werden“.[286]

Israelinnen prangerten das Schweigen der UN bei Protestveranstaltungen mit dem Slogan „#MeToo.UNless you are a jew“ (deutsch:„Ich auch, es sei denn, du bist Jude“) an.[290] Anfang Dezember 2023 protestierten hunderte Frauen vor dem UNO-Hauptquartier einige Stunden vor einer dort stattfindenden Veranstaltung, die sich laut einer Beschreibung mit „Kriegsverbrechen aufgrund sexueller Gewalt“ der Terrororganisation Hamas während des Angriffs auf Israel am 7. Oktober befasste. Organisiert wurde die Veranstaltung von der israelischen Delegation bei den Vereinten Nationen und mehreren jüdischen Gruppen, nicht von den Vereinten Nationen selbst.[291] Inzwischen liegt ein Bericht der Vereinten Nationen über den Einsatz sexueller Gewalt durch die Hamas vor.[292] Israels Präsident Yitzhak Herzog äußerte sich positiv zu dem Bericht und wies auf die „systematische, vorsätzliche und anhaltende sexuelle Gewalt durch die Hamas“ hin.[293]

Eine zweimonatige Recherche der New York Times erbrachte neue Beweise und belegte, dass die sexualisierte Gewalt von der Hamas gezielt eingesetzt wurde. Die Journalisten konnten mindestens sieben Orte lokalisieren, an denen israelische Frauen und Mädchen teilweise in Gruppen sexuell missbraucht und verstümmelt wurden. Gruppenvergewaltigungen mit gleichzeitiger Folter bis zum Tod wurden geschildert. Viele Leichen seien jedoch aus Respekt gegenüber den Toten nicht im Intimbereich fotografiert und ohne Obduktion so schnell wie möglich beerdigt worden. Laut der Zeitung ist das Vorliegen nur weniger forensischer Beweise bei massenhafter sexueller Gewalt im Kriegskontext nichts Ungewöhnliches.[294]

Am 23. Januar 2024 machte 3sat in seiner Sendung Kulturzeit sexualisierte Kriegsgewalt zum Thema.[295]

Laut einem Bericht der israelischen Vereinigung von Krisenzentren für Vergewaltigungsopfer (ARCCI) vom Januar 2024 umfassten die Übergriffe „sadistische Handlungen brutaler und demonstrativer Art“. Die meisten Opfer seien während oder vor der Vergewaltigung ermordet worden. Zu den Opfern hätten vor allem Frauen, aber auch Kinder und Männer gezählt. Man erwarte von „internationalen Organisationen, klar Stellung zu beziehen“. Der Bericht stellte fest, dass Opfer in manchen Fällen „vor Partnern, Familie oder Freunden vergewaltigt worden“ seien, „um den Schmerz und die Demütigung für alle Anwesenden zu verstärken“. Viele der Leichen seien „mit brutal attackierten Sexualorganen, in die in einigen Fällen Waffen eingeführt worden waren“, aufgefunden worden.[296]

Strafverfolgung

Die israelische Anwältin und Menschenrechtsaktivistin Nitsana Darshan-Leitner reichte Anfang November 2023 Beschwerde beim Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag ein. Sie beschrieb Vergewaltigungen, Entführungen, Enthauptungen und das Verbrennen bei lebendigem Leibe. Im Völkerstrafrecht fallen diese Taten in die Kategorie Kriegsverbrechen, und wenn sie vorsätzlich erfolgen, als Verbrechen gegen die Menschlichkeit nach Artikel 7 des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofes. Die Gräueltaten seien gut dokumentiert.[297] Die Terroristen filmten sie live mit Kameras.[298] Anthropologen, Forensiker und Rechtsmediziner des Nationalen Zentrums für Forensische Medizin in Tel Aviv unter der Leitung von Chen Kugel untersuchten die Leichenteile, Knochensplitter und Aschekrümel von Körpern, die sich nicht mehr identifizieren ließen, um Beweise zu sammeln und das Massaker juristisch aufarbeiten zu können. Die Beschwerde richtete sich gegen den militärischen Befehlshaber der Hamas, Mohammed Deif, den stellvertretenden Führer des politischen Hamas-Flügels, Ismail Haniyya, sowie gegen den Generalsekretär des Islamischen Dschihad in Palästina, Ziyad Ruschdi. Die Anwältin und ihre Menschenrechtsorganisation Shurat HaDin forderte einen sofortigen internationalen Haftbefehl gegen die Beschuldigten. Im Zusammenhang mit dem Massaker gingen mindestens drei Beschwerden beim Strafgerichtshof ein, eine im Namen von 24 Familien der 240 nach Gaza Verschleppten und eine von Angehörigen getöteter Festivalbesucherinnen. Deren Anwalt warf der Hamas Völkermord vor. Damit dieser Vorwurf rechtlich greifen könnte, müsste nachgewiesen werden, dass das Ziel der Hamas die Vernichtung des jüdischen Volkes ist.[297]

Für die israelische Anwältin Yael Vias Gvirsman, die die Familie von Shani Louk sowie insgesamt 56 Überlebende, Angehörige von Toten und Geiseln und mehrere Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt vor dem Internationalen Strafgerichtshof vertritt,[299] stellen die Gräueltaten vom 7. Oktober einen „systematischen und vorsätzlichen Angriff auf die Zivilbevölkerung mit Mord, Folter und Verstümmelung von verletzlichen und älteren Menschen, kleinen Kindern und Babys“ dar.[300] Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen nahm ebenfalls Ermittlungen auf, doch wurde den die Opfer behandelnden Ärzten vom israelischen Gesundheitsministerium untersagt, mit dem UN-Menschenrechtsrat zusammenzuarbeiten.[301] Im Juni 2024 gab die Untersuchungskommission des UN-Menschenrechtsrats bekannt, dass sie die Hamas beschuldigt, verschiedene Delikte wie Angriffe auf Zivilisten, Zerstörung und Beschlagnahme von Eigentum des Gegners, Mord und vorsätzliche Tötung begangen zu haben.[302] Am 20. Mai 2024 beantragte Chefankläger Karim Ahmad Khan beim Internationalen Strafgerichtshof einen Haftbefehl für die Hamas-Mitglieder Yahya Sinwar, Mohammed Deif und Ismail Haniyya.[303] Da Haniyya im Juli 2024 durch einen Sprengsatz im Gästehaus der Revolutionsgarden in Teheran getötet wurde, Deif im Juli 2024 nach israelischen Angaben bei einem ihrer Luftangriffe ums Leben kam und Sinwar im Oktober 2024 getötet wurde, sind strafrechtliche Verfahren gegen sie nicht mehr möglich.

Gespräche und Verhandlungen

Am 9. Oktober berichtete Reuters, dass Katar Gespräche zwischen Israel und der Hamas vermittelte, um die Freilassung weiblicher israelischer Geiseln sicherzustellen, als Gegenleistung dafür, dass Israel 36 palästinensische Frauen und Kinder freilässt. Israel hatte jedoch nicht bestätigt, dass solche Verhandlungen stattfanden.[304] Ein ägyptischer Beamter teilte der Associated Press mit, dass Israel ägyptische Hilfe gesucht habe, um die Sicherheit der von palästinensischen Militanten festgehaltenen Geiseln zu gewährleisten, und dass der ägyptische Geheimdienstchef die Hamas und den Islamischen Dschihad kontaktiert habe, um Informationen einzuholen.[305] Berichten zufolge vermittelten ägyptische Beamte die Freilassung palästinensischer Frauen in israelischen Gefängnissen im Austausch gegen als Geiseln genommene israelische Frauen.[306]

Der US-Außenminister Antony Blinken war zu Gesprächen in Israel, Jordanien, Katar, Bahrain, Saudi-Arabien.[307] Er drängte Katar zur Distanz zur Hamas.[308]

Reaktionen

Israel

Der israelische Präsident Jitzchak Herzog bei einem Besuch in Maʿale HaChamischa
Spendenaktion in Nescher zur Unterstützung der Terroropfer im Süden Israels

Staatspräsident Jitzchak Herzog:[309]

„Seit dem Holocaust haben wir nicht mehr erlebt, wie jüdische Frauen und Kinder, Großeltern – sogar Holocaust-Überlebende – in Lastwagen gepfercht und in die Gefangenschaft gebracht wurden. Wir werden mit voller Kraft und unerschütterlichem Engagement handeln, um diese Bedrohung für unser Volk zu beseitigen“

Premierminister Benjamin Netanjahu erklärte in einer TV-Ansprache:[310]

„Bürger Israels, wir sind im Krieg. Und wir werden gewinnen. […] Unser Feind wird einen Preis bezahlen, wie er ihn noch niemals kennengelernt hat.“

Netanjahu und Verteidigungsminister Joaw Galant führten Sicherheitsbewertungen im Hauptquartier der israelischen Streitkräfte (IDF) in Tel Aviv durch.[311] Die IDF erklärte einen „Kriegsbereitschaftszustand“, Galant genehmigte die Mobilisierung von zehntausenden Armeereservisten und rief den Ausnahmezustand im Umkreis von 80 Kilometern um die Grenze zum Gazastreifen aus.[312] Die Hamas habe einen „schweren Fehler“ begangen, so Galant. Bewohner in Gebieten rund um den Gazastreifen wurden gebeten, das Haus nicht zu verlassen, während Zivilisten im Süden und in der Mitte Israels angehalten wurden, in der Nähe von Notunterkünften zu bleiben. Straßen rund um den Gazastreifen wurden von der IDF gesperrt.[313][314] Auf den Flughäfen in Zentral- und Südisrael wurde der Flugverkehr unterbrochen.[315] Am 9. Oktober 2023 meinte Galant im Zusammenhang mit der kompletten Blockade des Gazastreifens: „Wir kämpfen gegen menschliche Tiere und wir handeln entsprechend.“[316]

Mit zunehmenden Abstand zum Terrorangriff der Hamas wird in Israel auch über (Mit-)Verantwortlichkeit Israels diskutiert. So warf der ehemalige Außen- und Verteidigungsminister in Kabinett Netanjahu, Avigdor Liebermann, diesem vor, für die Katastrophe vom 7. Oktober verantwortlich zu sein. Netanjahu habe die Hamas durch seine Politik gestärkt und dies offen bekundet, beispielsweise in der Fraktionssitzung des Likud am 16. Mai 2019: „Wer einen palästinensischen Staat verhindern will, muss die Hamas unterstützen und stärken“.[317] Auch der ehemalige israelische Ministerpräsident Ehud Barak hält Netanjahu persönlich für verantwortlich am Versagen des 7. Oktober.[318][319] Der ehemalige israelische Botschafter in Deutschland, Avi Primor, äußerte in einem Interview, dass die Regierung Netanjahu „die Hamas im Gazastreifen sogar unterstützt“ habe, um damit die Fatah zu schwächen.[320]

Im April 2024 wurde bekannt, dass der Direktor des israelischen Militärgeheimdienstes Aman, Aharon Haliva, wegen Fehlern im Zusammenhang mit dem Terrorangriff zurücktritt, sobald ein Nachfolger für ihn gefunden wurde.[321] Im September 2024 kündigte Yossi Sariel, der Befehlshaber der israelischen Überwachungseinheit Unit 8200 nach Abschluss einer ersten Untersuchung seinen Rücktritt an und übernahm öffentlich die Verantwortung für Fehler und Versäumnisse dieser Einheit im Zusammenhang dem Terrorangriff.[322]

Palästinensische Autonomiebehörde

Der Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA), Mahmud Abbas, erklärte am 7. Oktober gegenüber US-Außenminister Antony Blinken, das Unrecht an den Palästinensern treibe den Konflikt mit Israel zu einer „Explosion“.[323] Im November 2023 erklärt er seine Absicht, eine Zweistaatenlösung anzustreben und in dem Rahmen wieder die Regierung des Gazastreifens zu übernehmen. Die USA forderten zu diesem Zeitpunkt, dass die PA in die Diskussion über die Zukunft des Gazastreifens einbezogen werden sollen. Teile der palästinensischen Bevölkerung fordern den Rücktritt von Abbas, der seit über 18 Jahren nicht mehr durch legitime Wahlen in sein Amt gewählt wurde.[324] Eine in der ersten Novemberwoche 2023 unter der palästinensischen Bevölkerung von einem in Ramallah ansässigen Institut durchgeführte Umfrage zum Terrorangriff („military operation“) ergab eine Zustimmung von 75 % gegenüber 13 % Ablehnung bei 11 % neutraler Einstellung.[325] In der Diskussion um die zukünftige Entwicklung des Gazastreifens lehnte der israelische Regierungschef Netanjahu eine Beteiligung der PA ab. Das Küstengebiet dürfe nicht unter Kontrolle einer Behörde stehen, „die ihre Kinder dazu erzieht, Israel zu hassen, Israelis zu töten und den Staat Israel auszulöschen“.[326]

Palästinensische Bevölkerung

Laut einer Umfrage des Palestinian Center for Policy and Survey Research (PCPSR, arabisch المركز الفلسطيني للبحوث السياسية والمسحية), die vom 22. November 2023 bis 2. Dezember 2023 im Gazastreifen und im Westjordanland stattfand, gaben über 90 Prozent der Befragten an, die Hamas habe in Israel keine Gräueltaten verübt, wie sie in Videos und durch Aussagen Überlebender belegt sind; über 85 Prozent gaben an, sie hätten keine solchen Videos gesehen. Während im Westjordanland 82 Prozent die Entscheidung der Hamas zur Durchführung des Angriffs guthießen, waren es im direkt betroffenen Küstenstreifen nur 57 Prozent. Dass Israel sein Kriegsziel der Zerstörung der Hamas erreichen könnte, glauben indes nur 1 Prozent der Befragten im Westjordanland und 17 Prozent im Gazastreifen. Während 95 % glauben, dass Israel im aktuellen Krieg Kriegsverbrechen begangen habe, sind nur 10 % der Meinung, dass auch die Hamas solche Verbrechen begangen habe; 4 % sind der Meinung, dass Israel solche Verbrechen nicht begangen habe, und 89 % sind der Meinung, dass die Hamas im aktuellen Krieg keine Kriegsverbrechen begangen habe. 34 % befürworteten und 64 % lehnten die Idee einer Zwei-Staaten-Lösung ab. Vor drei Monaten unterstützten unwesentlich weniger, nämlich 32 %, eine Zwei-Staaten-Lösung. Die Unterstützung für die Hamas hat sich im Westjordanland im Vergleich zu vor drei Monaten mehr als verdreifacht, liegt aber immer noch unter 50 Prozent. Im Gazastreifen nahm die Unterstützung für die Hamas unwesentlich (von 38 auf 42 Prozent) zu. Bei der Umfrage wurden 750 Bewohner des Westjordanlandes und 481 des Gazastreifens befragt.[327]

Internationale Reaktionen

Internationale Organisationen

Solidaritätsbekundung mit den Opfern des Terroranschlags vor dem Europäischen Parlament in Brüssel, in Anwesenheit von Roberta Metsola (Präsidentin des Europäischen Parlaments), Ursula von der Leyen (Präsidentin der Europäischen Kommission) und Charles Michel (Präsident des Europäischen Rates) am 11. Oktober 2023

António Guterres, der Generalsekretär der Vereinten Nationen, verurteilte mehrmals den Angriff der Hamas,[328][329] sagte aber auch, die Terrorangriffe erfolgten „nicht im luftleeren Raum“; das Volk der Palästinenser habe „eine 56-jährige Geschichte erdrückender Besatzung hinter sich“. Es habe mit ansehen müssen, wie das Westjordanland „immer wieder von Siedlungen verschlungen wurde, es war Gewalt ausgesetzt, seine Wirtschaft wurde abgewürgt und seine Häuser wurden zerstört“, aber das Leid der Palästinenser „kann nicht den widerwärtigen Angriff der Hamas rechtfertigen.“[328][329] Guterres forderte „diplomatische Anstrengungen um einen größeren Flächenbrand zu verhindern“.[329]

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen wurde auf Verlangen der nichtständigen Mitglieder Malta und Vereinigte Arabische Emirate zu einer nichtöffentlichen Dringlichkeitssitzung am 8. Oktober einberufen. In den „geschlossenen Konsultationen“ (Consultations of the whole) stand die Lage im Nahen Osten auf der Tagesordnung. Neben den 15 Ratsmitgliedern waren anders als bei öffentlichen Sitzungen keine weiteren Staaten – auch nicht die in den Konflikt involvierten – als Beisitzer zugelassen. Als Berichterstatter fungierte der UN-Sonderkoordinator für den Nahost-Friedensprozess, Tor Wennesland.[330][331][332] Der Großangriff wurde in dem Gremium durch eine Mehrheit verurteilt, aber es kam zu keiner einstimmigen Beschlussfassung.[333]

Die Sonderbeauftragte des Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen für Israel und die besetzten Gebiete, Francesca Albanese, stellte den Ausbruch der Gewalt in den Kontext des andauernden Konfliktes und betonte die Rolle der Militärherrschaft Israels über den Gazastreifen für die Aggression von palästinensischer Seite: „Die heutige Gewalt muss im Kontext gesehen werden. Fast sechs Jahrzehnte feindseliger Militärherrschaft über eine ganze zivile Bevölkerungsgruppe (welche von allzu vielen offiziellen Erklärungen und Medien unverständlicherweise ignoriert wird) sind an sich schon eine Aggression und das Rezept für mehr Unsicherheit für alle.“[334]

Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, nannte die Angriffe „Terrorismus in seiner verabscheuungswürdigsten Form“.[335] Der Sitz der Kommission wurde am Abend des Überfalls mit der Flagge Israels angestrahlt.[336] Die Europäische Union verkündete am 9. Oktober als Reaktion auf die Ereignisse die Aussetzung aller Hilfsgeldzahlungen nach Gaza. Den Worten des Kommissar für Erweiterung und Europäische Nachbarschaftspolitik, Olivér Várhelyi, zufolge werden „alle Zahlungen sofort ausgesetzt. Alle Projekte werden überprüft.“[337] Diese Entscheidung wurde jedoch auf Druck mehrerer Mitgliedstaaten der Europäischen Union einen Tag später wieder zurückgenommen.[338]

Die Außenminister der 22 Mitgliedstaaten der Arabischen Liga trafen sich am 11. Oktober in Kairo zu einer Dringlichkeitssitzung. Es wurde ein sofortiger Stopp der israelischen Angriffe auf Gaza gefordert. In einer Abschlusserklärung wurde die Notwendigkeit betont, den Friedensprozess wiederzubeleben.[339] Sie rief beide Seiten dazu auf, die Waffen ruhen zu lassen. „Wir verurteilen das Töten von Zivilisten auf beiden Seiten. Unbeteiligte müssen, wie es die menschlichen Werte und das internationale Recht verlangen, geschützt werden. Alle Gefangengenommen und entführten Zivilisten müssen freigelassen werden“ hieß es unter anderem in der Abschlusserklärung.[340]

Die Organisation für Islamische Zusammenarbeit verurteilte die anhaltende israelische Militäraggression gegen die Palästinenser und bekräftigte, dass die fortgesetzte Besetzung die Ursache der Instabilität sei.[341]

WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus forderte, das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) solle sofort Zugang zu den aus Israel entführten Geiseln erhalten. Er forderte außerdem die sofortige Freilassung aller Geiseln, die im Zuge des Terrorangriffs der islamistischen Hamas Anfang Oktober verschleppt worden waren.[342]

Staaten im Nahen Osten

„Will man uns sagen, dass es falsch ist, eine Familie, eine ganze Familie, von Angesicht zu Angesicht zu erschießen – aber sie zu Tode zu bombardieren ist okay? Ich finde, es gibt hier eine eklatante Doppelmoral.“

Saudi-Arabien veröffentlichte eine Erklärung, in der es zu einem „sofortigen Stopp“ der „Eskalation“ aufrief. Das saudi-arabische Außenministerium bekräftigte außerdem seine „wiederholten Warnungen [an Israel] über die Gefahr einer Verschärfung der Situation infolge der anhaltenden Besetzung und Entziehung der legitimen Rechte des palästinensischen Volkes sowie der Wiederholung systematischer Provokationen gegen die Unverletzlichkeit Palästinas“.[345] Ägypten rief dazu auf, „größtmögliche Zurückhaltung zu üben und die Zivilbevölkerung keiner weiteren Gefahr auszusetzen“. Ägyptische Fernsehsender berichteten, dass der Geheimdienst alle Kontakte mit der Hamas und anderen Terrorgruppen gekappt habe.[313] Die Türkei[346] und die Vereinigten Arabischen Emirate[347] forderten die Konfliktparteien zur „Waffenruhe“ und zur „Zurückhaltung“ auf. In einem weiteren Statement zeigten sich die Emirate „entsetzt über Berichte, wonach israelische Zivilisten als Geiseln aus ihren Häusern verschleppt wurden“.[348] Die türkische Staatsführung bot sich als Vermittler an und brachte ihre Ansicht zum Ausdruck, dass die Zweistaatenlösung der einzige friedliche Weg im Nahen Osten ist.[349] Auch Bahrain verurteilte die Angriffe und Geiselnahmen der Hamas. Zudem forderte das Land zusammen mit Jordanien die internationale Gemeinschaft auf, für Deeskalation zu sorgen.[350][351] Ein Frieden im Nahen Osten ist nach Einschätzung von Jordaniens König Abdullah II nur möglich, wenn ein unabhängiger Palästinenser-Staat neben Israel entsteht. Eine Zweistaatenlösung sei die einzige Option, sagt der Monarch.[352]

Der Iran gab an, er sei am Angriff unbeteiligt, begrüßte jedoch die Attacke auf Israel. „Wir beglückwünschen die palästinensischen Kämpfer“, sagte Rahim Safawi, ein Berater von Irans geistlichem und staatlichem Oberhaupt Ali Chamenei, der halbstaatlichen Nachrichtenagentur Insa. Die Republik werde ihnen bis zur Befreiung Palästinas und Jerusalems beistehen.[313] Chameini selbst sagte: „Dieses Krebsgeschwür wird, so Gott will, durch das palästinensische Volk und die Widerstandskräfte in der gesamten Region endgültig ausgerottet werden.“[353] Die libanesische Hisbollah-Miliz bezeichnete den Hamas-Angriff auf Israel als Zeichen gegen eine Normalisierung der Beziehungen mit Israel. Der Hamas-Angriff sei eine „entschlossene Antwort auf Israels anhaltende Besatzung und eine Botschaft an diejenigen, die eine Normalisierung mit Israel anstreben“, teilte die Islamistenmiliz in einer Erklärung mit. Sie verfolge die Lage im Gazastreifen genau und stehe in „direktem Kontakt mit der Führung des palästinensischen Widerstands“.[313] Ein Hisbollah-Kommandeur im Südlibanon sagte laut einem Bericht im Spiegel allerdings, alle in der Bewegung seien vom bestialischen Gemetzel der Attentäter angewidert gewesen. „So was machen wir Schiiten nicht. Wir erschießen unsere Feinde.“ sagte er, zudem auch „Und jetzt müssen wir sie verteidigen“.[354] Katar und Kuwait sahen die Schuld für die Eskalation bei Israel. Die Angriffe der Hamas seien die Folge der jahrzehntelangen „systematischen Unterdrückung“ durch die „zionistische Besatzungsbehörde“, heißt es auch in einer Erklärung der irakischen Regierung.[353] Weniger zustimmend zeigten sich Teile der iranischen Bevölkerung.[355]

Westliche Staaten

Präsident Bidens Ansprache zu den Überfällen
Solidaritätskundgebung mit Israel auf dem Pariser Platz in Berlin
Pro-palästinensische Demonstration vor dem Weißen Haus

Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die deutsche Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) verurteilten den Angriff der Hamas. Baerbock unterstrich das „völkerrechtlich verbriefte Recht, sich gegen Terror zu verteidigen.“[335] Am Abend des Überfalls wurde das Brandenburger Tor zum Zeichen der Solidarität mit der Flagge Israels illuminiert.[356] Am Tag nach dem Angriff wurde auf wichtigen Gebäuden des Landes wie dem Kanzleramt, dem Schloss Bellevue, dem Bundestag, dem Sitz des Außenministeriums sowie dem Abgeordnetenhaus von Berlin[357] die israelische Flagge gehisst.[358] Noch am Tag des Überfalls wurde die Sicherung jüdischer Einrichtungen in Deutschland erhöht.[359] Michael Roth (SPD), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages, forderte in Anbetracht der erwarteten militärischen Reaktion Israels, „dass die deutsche Öffentlichkeit jetzt lernen müsse, schlimme Bilder zu ertragen, wenn die israelische Armee die komplette Infrastruktur der Terrororganisation Hamas vernichten werde. Und auch im Angesicht dieser Bilder trotzdem solidarisch das israelische Vorgehen unterstützt“.[360] Scholz wurde für ein Treffen mit dem Emir von Katar Tamim bin Hamad Al Thani kritisiert, da Katar die Hamas unterstützt. Auch die seit der globalen Energiekrise 2021 bis 2023 intensivierten Öl- und Gasgeschäfte zwischen Deutschland und Katar wurden in diesem Zusammenhang kritisiert.[361]

Auf der Sonnenallee in Berlin-Neukölln feierten am 7. Oktober spontan mehrere Dutzend Anhänger der Samidoun (Solidaritätsnetzwerk für palästinensische Gefangene) den Angriff und verteilten dabei Süßgebäck (Baklava) an Passanten. Die Polizei schritt schließlich dagegen ein und die Justiz nahm Ermittlungen gegen drei Personen wegen „Belohnung und Billigung von Straftaten“ auf.[362] Bundeskanzler Olaf Scholz verurteilte pro-palästinensische Freudenfeiern und bekräftigte: „Die Sicherheit Israels ist deutsche Staatsräson.“[363][364]

Am 8. Oktober fand am Brandenburger Tor eine Solidaritätsdemonstration für Israel statt, an der 2000 Personen teilnahmen.[365] Am 11. Oktober fand am Hermannplatz, am Richardplatz und in den umliegenden Straßen in Berlin-Neukölln eine von der Polizei verbotene, israelfeindliche Demonstration mit mehreren Hundert Teilnehmern statt. Die Polizei löste die Demonstration auf, erfasste die Personalien der Teilnehmer und nahm mehr als 100 Teilnehmer kurzzeitig fest.[366] In einem Offenen Brief für Frieden und Meinungsfreiheit forderten über 100 in Deutschland lebende jüdische Kunstschaffende und Wissenschaftler Frieden und Meinungsfreiheit, auch für pro-palästinensische Stimmen.[367][368]

In diversen britischen Städten (darunter London, Manchester und Brighton) und schwedischen Städten (darunter Malmö, Stockholm, Kristianstad, Helsingborg) sowie in einem Flüchtlingsaufnahmelager auf der griechischen Insel Samos bejubelten muslimische Gruppen die Attacken auf Israel.[369][370][371][372] Einer pro-palästinensischen Großdemonstration in London am 21. Oktober wohnten nach Angaben der britischen Polizei bis zu 100.000 Teilnehmer bei.[373]

Aus Südafrika sowie Barcelona, Washington, New York, Chicago, Ottawa und Sydney wurde über Solidaritätsaktionen mit Palästina oder über Feiern berichtet.[374][375] Alan Posener wies in der Welt darauf hin, dass die Bezeichnung „pro-palästinensisch“ für Demonstrationen von Unterstützern der Hamas verharmlosend sei.[376]

Die deutsche Bundesregierung setzte ihre staatlichen Finanzhilfen für Palästinenser vorübergehend aus und stellte sie auf den Prüfstand.[377][378] Im Gazastreifen sind ansonsten diverse Hilfsorganisationen aktiv: Islamic Relief, das Deutsche Rote Kreuz, die Internationale Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung, Aktion Deutschland Hilft, Ärzte ohne Grenzen, SOS-Kinderdorf, Medico international sowie Save the Children.

Polens Präsident Andrzej Duda warnte, dass die Eskalation zwischen der Hamas und Israel Russland zugutekommen könnte. Sie lenke die internationale Aufmerksamkeit vom russischen Krieg gegen die Ukraine ab und könne zu einem neuen Migrationsdruck auf Europa durch weitere Flüchtlinge aus dem Nahen Osten führen.[379]

Auch die Ukraine,[380] Frankreich,[381] Spanien,[382] das Vereinigte Königreich[383] und die Vereinigten Staaten[384] verurteilten die Angriffe. Das US-Verteidigungsministerium kündigte darüber hinaus an, Israel Mittel zur Verteidigung bereitzustellen.[385] Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj warf auf X Moskau zudem vor, im Nahen Osten einen Krieg lostreten zu wollen, warnte vor der Gefahr eines Weltkriegs und zog eine Verbindung zu „Moskaus iranischen Freunden“. Bereits zuvor hatte er in einer Videoansprache erklärt, dass Israel von einer „Terrororganisation“ und die Ukraine von einem „Terrorstaat“ angegriffen würden.[386][387]

Spanien und Irland sprachen sich gegen eine Aussetzung der Unterstützung für die Palästinenser seitens der EU aus. Daraufhin postete Janez Lenarčič, Kommissar für humanitäre Hilfe und Krisenschutz, auf X:

„Während ich den Terroranschlag von Hamas am stärksten verurteile, ist es unerlässlich, Zivilisten zu schützen und die IHL (humanitäres Völkerrecht) zu respektieren. Die humanitäre Hilfe der EU an Palästinenser in Not wird so lange wie nötig fortgesetzt.“

In der Schweiz wurde am 13. Oktober verkündet, dass die Hamas in der Schweiz als Terrororganisation verboten werden soll.[389][390]

Weitere Staaten

Das Weiße Haus in Washington in den Farben Israels

Laut israelischem Außenministerium haben 80 Staaten ihre Solidarität mit Israel geäußert und den Angriff der Hamas verurteilt.[391] Die Volksrepublik China forderte ein Ende der Gewalt und erinnerte an ihre Haltung zum Nahostkonflikt, dass der einzige Weg zur Beilegung die Umsetzung der Zweistaatenlösung sei.[392] Indiens Premierminister Narendra Modi drückte die Solidarität seines Landes mit Israel aus.[353] Japans Premierminister Fumio Kishida verurteilte den Angriff, rief aber alle Parteien zur Zurückhaltung auf.[393][394] Brasilien, das zum Zeitpunkt des Angriffes den Vorsitz im UN-Sicherheitsrat innehatte, verurteilte die Angriffe der radikal-islamischen Hamas auf Israel und berief eine Dringlichkeitssitzung in jenem Rat ein.[353] Pakistan[395] und Russland forderten die Konfliktparteien zu einer „Waffenruhe“ und zur „Zurückhaltung“ auf.[353] Der russische Außenminister Sergei Lawrow beschuldigte die USA, die Verantwortung für den Angriff zu tragen; Präsident Wladimir Putin nannte den Angriff ein „klares Beispiel für das Scheitern der Politik der USA im Nahen Osten“.[234] Laut Mitteldeutschem Rundfunk sieht Moskau in dem Terrorangriff die Chance, seine internationale Isolierung aufgrund des Angriffskriegs gegen die Ukraine aufzubrechen, denn Russland habe eigene Kontakte zur Hamas und sei ebenso ein enger Verbündeter von deren Hauptunterstützer Iran.[396] Das Büro des tunesischen Präsidenten Kais Saied äußerte in einer Stellungnahme am 8. Oktober, dass die Palästinenser das Recht hätten, ihr besetztes Land zurückzuerobern.[397]


Mediale Diskussion des Angriffs

Vielfach wurde der Angriff aufgrund der Dimension des Terrors als ein „9/11-Moment für die Geschichte Israels“ angesehen.[398][399][400][401][402] Im israelischen Fernsehen wird der Tag auch als „Gamechanger“ bezeichnet. Der jetzige Krieg müsse anders sein als die früheren und ein klares Ziel haben. Israel werde einen wie auch immer formulierten „Sieg“ erzielen „müssen“, schätzte Israelexperte Richard C. Schneider die Lage ein.[313][403]

Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt der Journalist Mathieu von Rohr, Leiter des Spiegel-Auslandsressorts: „Die Bilder von palästinensischen Kämpfern in israelischen Ortschaften sind schockierend: Der palästinensischen Hamas ist damit ein militärischer Terrorangriff in einem ungekannten Ausmaß gelungen. Psychologisch ist das am ehesten vergleichbar mit dem Überraschungsangriff der Araber auf Israel am Jom-Kippur-Tag am 6. Oktober 1973 – also fast auf den Tag genau vor 50 Jahren. Dass der Hamas ein solcher Angriff gelingen konnte, der vermutlich Monate der Vorbereitung erforderte, ist ein enormes Versagen der israelischen Geheimdienste und Sicherheitskräfte unter der Regierung von Benjamin Netanjahu. Die Folge wird zweifellos ein umfassender Krieg Israels gegen die Hamas in Gaza sein.“[313] Der Spiegel bezeichnete den überraschenden Angriff der Hamas in einem weiteren Artikel auch als „Pearl Harbor von Israel“.[404]

Ulrich von Schwerin (Neue Zürcher Zeitung) kommentierte, dass die Hamas diesen massiven Angriff unternommen habe und eine massive Reaktion Israels in Kauf nehme, um eine Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel und Saudi-Arabien zu verhindern. Hamas hätte durch diese Annäherung politisch viel zu verlieren. Das Leid der palästinensischen Bevölkerung sei Teil ihres Kalküls: „Wenn es in Gaza zu Häuserkämpfen kommt und Tausende Palästinenser sterben, wird an eine Annäherung mit den Saudi tatsächlich auf absehbare Zeit nicht mehr zu denken sein.“[405]

Der britische Journalist Peter Beaumont meinte im The Guardian, dass der Angriff als ein Versagen des israelischen Geheimdienstes für die Ewigkeit in Erinnerung bleiben werde, da die israelische Regierung die Vorbereitungen nicht vorher entdeckt habe.[406] Der israelische Journalist Yoav Limor schrieb bei Jewish News Syndicate, dass die Hamas den Angriff über viele Monate, vielleicht sogar Jahre, minutiös geplant habe. Die Hamas habe den falschen Eindruck erweckt, dass sie sich von einem direkten Angriff auf Israel abschrecken ließe. Israel habe ihr das abgekauft und sich das Paradigma zu eigen gemacht, dass die Hamas von einem Totalangriff absehen würde.[407] Ein BBC-Bericht befasste sich mit ebenfalls der Frage des Versagens der Nachrichtendienste und behauptete, Israel verfüge zwar über den umfangreichsten und am besten finanzierten Nachrichtendienst in der Region sowie über ein Netz von Informanten und Agenten innerhalb militanter Gruppen, habe aber die Eskalation nicht vorhergesehen. Die Hamas müsse ein außerordentliches Maß operativer Sicherheit gehabt haben.[408] US-Beamte äußerten sich schockiert darüber, dass der israelische Geheimdienst nichts von den Vorbereitungen der Hamas wusste.[409] Amir Avivi, ehemaliger stellvertretender Befehlshaber der Gaza-Division des israelischen Militärs erklärte, dass die Anschläge das Vertrauen in die Geheimdienste des Landes erschüttert hätten und dies ein Versagen sei, das nicht kleiner sei als beim Jom-Kippur-Krieg.[410]

Maria Sterkl schrieb in der Frankfurter Rundschau, dass die Terrororganisation Hamas die Region in einen Krieg gestürzt habe, „der länger andauern, viele Menschenleben kosten und Traumata hinterlassen“ werde, „die noch mehrere Generationen überschatten“ würden. Die israelischen Streitkräfte, die versuchten, „militärische Infrastruktur, nicht aber zivile Ziele anzugreifen“, was in einem dicht besiedelten Land aber nicht immer gelinge, könnten damit konfrontiert werden, dass die Hamas israelische Geiseln als menschliche Schutzschilde benutzen werde, wie sie es auch mit ihren eigenen Leuten mache. Wirklich gewinnen könne den Krieg niemand, weder die Israelis noch die Hamas oder ihre Unterstützer, „die mit himmelschreiendem Zynismus das Morden und Foltern auch noch als Freiheitskampf verkaufen“ wollten, noch „jene Menschen in Gaza, die zwar nicht mit der Hamas leben wollen, aber gar keine andere Wahl haben, weil sie das Gebiet weder verlassen noch ihre Führung abwählen können“.[411]

Auch Rudi Wais (Augsburger Allgemeine) wies darauf hin, dass 900 Tote bei neun Millionen Einwohnern wie in Israel einem Anschlag in der Bundesrepublik mit 8000 Toten entsprächen oder in den Vereinigten Staaten mit mehr als 30.000 Toten. Die Hamas, die Hisbollah, der Islamische Dschihad „und ihre Hintermänner im Iran“ verstünden „nur eine Sprache: Härte und Konsequenz“. Die Wehrhaftigkeit der einzigen Demokratie im Nahen Osten werde immer wieder neu herausgefordert „und vor allem in Europa häufig von einer grotesk verklärten Revolutionsromantik flankiert, die den Palästinensern fast alles durchgehen lässt“, sogar Kundgebungen, bei denen die Massaker gefeiert würden. Er stellte auch die Frage, ob die internationale Gemeinschaft noch ein Hilfswerk der Vereinten Nationen unterstützen wolle, das „Schulen finanziert, in denen die Vernichtung Israels propagiert“ werde. Einen hohen Preis für den Hamas-Terror zahlten auch die Muslime und Palästinenser, die in Frieden leben wollten und die es auch gebe.[412]

Der Jurist Ronen Steinke vertrat in der Süddeutschen Zeitung die Ansicht, dass ein Rechtsstaat öffentliche Feiern, die in einigen Ländern von Hamas-Anhängern anlässlich der Mord- und Gräueltaten veranstaltet wurden, nicht dulden dürfe.[413]

Die Holocaustforscherin und Sonderbeauftragte für Antisemitismus in den Vereinigten Staaten, Deborah Lipstadt, bezeichnete den Hamas-Terror als „den tödlichsten Angriff auf Juden seit dem Holocaust“.[414] Laut der Times of Israel wurden an keinem Tag seit der Staatsgründung Israels so viele Israelis getötet wie am Tag des Angriffs am 7. Oktober 2023. Eylon Levy, ehemaliger Sprecher des israelischen Präsidenten Jitzchak Herzog, äußerte sich ähnlich: „Es ist keine Übertreibung, zu sagen, dass gestern der schwärzeste Tag in der jüdischen Geschichte seit dem Ende des Holocausts war.“[250]

Jan-Christoph Kitzler (tagesschau.de) sah als Grund für die offensichtliche Verwundbarkeit Israels die „falschen Prioritäten“, die von der Regierung Netanjahu gesetzt worden seien, nämlich die „Schwächung des Rechtsstaates und der massive Ausbau der Siedlungen im besetzten Westjordanland“. Die Sicherheit des Landes sei vernachlässigt worden, was die Hamas ausgenutzt habe.[415]

Die Soziologin Eva Illouz sah ein Versagen des Staates in der Neuen Zürcher Zeitung vom 14. Oktober 2023 auf drei Ebenen: Das politische System sei durchaus über die bevorstehende Gefahrenlage von ägyptischer Seite gewarnt worden. Infolge der unmittelbar vorausgegangenen Justizreform sei es aber geschwächt gewesen, was absehbar gewesen sei. Die Armee und ihre politische Führung habe sich auf den Iran als Gegner eingestellt und die tatsächliche Gefahr von Hamas unterschätzt. So seien auch am Feiertagswochenende zu viele Soldaten in Urlaub geschickt worden, sie hätten wegen der Feiertagsruhe am Schabbat nicht schnell genug vor Ort sein können, und ihre Ausrüstung sei veraltet gewesen. In der Folge habe die Zivilgesellschaft die Funktion des insoweit „dysfunktionalen“ Staates übernommen. Illouz geht daher davon aus, dass sich die „politische Kultur Israels wahrscheinlich auf unumkehrbare Weise verändern“ werde.[416]

Gabor Steingart schrieb im Focus, dieser durch den Hamas-Terror provozierte Krieg sei im Grunde „der größte Selbstmordanschlag der neueren Geschichte“; kollektiv stürze „die Terrororganisation Hamas sich und ihre Nächsten in den Tod“. Einen „Krieg ohne Kriegsziel“ könne „nur der Nihilismus hervorbringen“.[417]

„Die Taten vom 7. Oktober sind ein Zivilisationsbruch. Sie reißen eine Lücke in die Kontinuität des Prozesses der Verfeinerung und Zähmung, von dem wir glaubten, dass er uns – vor allem die Männer – der Ausübung entgrenzter, autotelischer Gewalt sukzessive entwöhnt habe. Als unverhohlene Kampfansage nicht allein gegen Israel oder die Israelis, sondern gegen jeden Humanismus und jede Humanität, ganz gleich wie sie politisch argumentiere: So wird man diesen 7. Oktober verstehen müssen.“

Konstantin Sakkas: Tagesspiegel, 26. Oktober 2023[418]

Der israelische Historiker Tom Segev bezeichnete den Angriff als „schlimmsten Tag des Landes seit 1948.“ Der Krieg könnte eine zweite Nakba zur Folge haben.[419]

Der israelische Soziologe Natan Sznaider schrieb, dass der 7. Oktober 2023 nicht ein Teil des seit einigen Jahrzehnten „manchmal auch kriegerischen Hin und Her zwischen Israelis und Palästinensern“ sei, sondern „die Wiederkehr dessen“, wogegen der Staat Israel einst gegründet worden sei.[420]

Laut dem Historiker Volker Weiß hatte der Terrorangriff der Hamas „wesentlich nur ein Ziel: die Empörung über die Gegenschläge Israels anzuheizen“. Dieses Ziel sei „sofort erreicht“ worden.[421]

Erica Zingher wies in der TAZ darauf hin, dass der terroristische Überfall der Hamas nicht nur antisemitisch, sondern auch frauenfeindlich war. Bei dieser Aktion und den Folterungen sollten Frauen „explizit geschändet und entmenschlicht werden“. Dafür seien sie „vergewaltigt, missbraucht, verbrannt, enthauptet, ermordet [worden] – zum Teil vor ihren Kindern“. Internationale Frauenrechtsorganisationen wie die UN Women, so Zingher, scheine das jedoch kaum zu interessieren. Wer es jedoch nicht schaffe, „diesen geschlechtsspezifischen Terror zu skandalisieren“, mache sich unglaubwürdig.[422] Zwar hat UN Women schließlich Anfang Dezember in einer Stellungnahme auf Twitter die „brutalen Angriffe der Hamas“ verurteilt und die sofortige Freilassung der Geiseln gefordert; die Stellungnahme wurde jedoch wieder gelöscht. In einer neuen Stellungnahme fehlt die Verurteilung der Hamas.[423]

Die Soziologin Shalva Weil bewertete in der Jerusalem Post insbesondere das Massaker auf dem Supernova Sukkot Gathering, bei dem mehr als die Hälfte der Opfer Frauen waren, als einen Femizid. In dem Essay warf sie der israelischen Regierung vor, dass keines ihrer Mitglieder das Leid der Frauen beim Terrorangriff herausgestellt habe. So habe die als eine von wenigen Frauen dem Kabinett angehörende May Golan zur Zerstörung der Infrastruktur Gazas aufgerufen, aber die Gewalt gegen Frauen nicht angesprochen.[424]

Die Hamas habe am 7. Oktober Juden ermordet, weil sie Juden sind, betonte der amerikanische Historiker Jeffrey Herf.[425] „Der Massenmord vom 7. Oktober ist das jüngste Kapitel im langen Krieg der Islamisten gegen Juden, Israel und die Werte der westlichen Demokratien und ihre Institutionen. Es ist wichtig, dass Intellektuelle, Journalisten, Politiker, Experten und staatliche Repräsentanten deutlich auf den Zusammenhang zwischen der antisemitischen Ideologie der Hamas und ihrer barbarischen Praxis hinweisen.“[12]

In vielen Medien macht sich laut Sebastian Leber „ein Nebel aus Desinformation, Desinteresse und schlichter Leugnung breit.“ Anti-israelische Aktivisten und Projekte wie „Landpalestine“ verbreiten Unwahrheiten (Fake-News), indem sie z. B. behaupten, die 364 ermordeten Besucher des Nova-Festivals seien allesamt von israelischen Kampfhubschraubern getötet worden – und die israelische Regierung habe dies inzwischen offiziell eingeräumt.[426]

Auf Videos vom Terroranschlag sind Menschen mit purer Begeisterung im Gesicht zu sehen, die auf an Boden liegende, unbewaffnete, bereits verletzte Zivilisten losgehen. Diese Menschen werden von einigen in den sozialen Netzwerken als „Freiheitskämpfer“ oder „progressive Kräfte“ bezeichnet. Auch leugnen laut Leber viele in den sozialen Medien die umfangreich dokumentierten Vergewaltigungen. Die freigelassenen Geiseln werden im Netz verhöhnt.[426]

Auch Experten seien überrascht, dass die Leugnung der Massaker „in so kurzer Zeit so weite Kreise“ ziehe. Die Historikerin Deborah Lipstadt, Antisemitismusbeauftragte des US-Außenministeriums, sagt: „Wenn Geschichte so schnell umgeschrieben werden kann, ist nichts sicher.“[426]

Literatur

Commons: Angriff der Hamas auf Israel 2023 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  3. מלחמת שמחת תורה. israelhayom.co.il, abgerufen am 11. Oktober 2023 (hebräisch, dt. Übersetzung: Simchat-Tora-Krieg).
  4. Armin Pfahl-Traughber: Antisemitismus und Antizionismus in der Charta der Hamas. Eine Fallstudie zu Judenfeindschaft im islamistischen Diskurs. bpb.de, 4. Juli 2011, abgerufen am 23. Oktober 2023.
  5. […]„in der Charta der Hamas ist die Vernichtung Israels ein ausgewiesenes Ziel“ […], Quelle: Samuel Salzborn: Antisemitismus. Geschichte, Theorie, Empirie, Nomos Verlag, Baden-Baden, ISBN 978-3-8487-1113-0, 2014, S. 178
  6. Der Hamas […] können genozidale Absichten unterstellt werden, wie ihre Charta und zahlreiche aktuelle Verlautbarungen von Hamas-Repräsentanten verdeutlichen. In Artikel 7 der Hamas-Charta heißt es: „[Hamas strebt] danach, Gottes Versprechen wahrzumachen, ganz gleich, wie lange dies dauern mag. Der Prophet – Gott segne ihn und schenke ihm Heil –, sprach: Die Stunde wird kommen, da die Muslime gegen die Juden solange kämpfen und sie töten, bis sich die Juden hinter Steinen und Bäumen verstecken. Doch die Bäume und Steine werden sprechen: ‚Oh Muslim, oh Diener Allahs, hier ist ein Jude, der sich hinter mir versteckt. Komm und töte ihn!‘“ Quelle: Günther Jikeli: Antisemitismus unter Muslimen – Debatten, Umfragen, Einflussfaktoren, in: Monika Schwarz-Friesel (Hrsg.): Gebildeter Antisemitismus (= Interdisziplinäre Antisemitismusforschung. Band 6). Nomos Verlag, Baden-Baden 2015, ISBN 978-3-8487-1679-1, S. 188 Fn2.
  7. Wie Israel in die Falle der Hamas tappt. In: nzz.ch. 4. Dezember 2023, abgerufen am 13. Dezember 2023.
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  10. Christoph Reuter: (S+) Hamas-Sprecher im Libanon über den 7. Oktober: »Wir sind zurück auf der politischen Tagesordnung«. In: Der Spiegel. 22. Oktober 2023, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 23. Oktober 2023]).
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  12. a b Jeffrey Herf: Sie machen den Hass zum Weltbild, FAZ, 20. Oktober 2023
  13. Saudi Arabia pauses normalisation talks with Israel amid ongoing war with Hamas. france24.com, 14. Oktober 2023, abgerufen am 11. November 2023 (englisch).
  14. Kristian Coates Ulrichsen: Saudi plans to ‘de-risk’ region have taken a hit with Gaza violence − but hitting pause on normalization with Israel will buy kingdom time. theconversation.com, 18. Oktober 2023, abgerufen am 11. November 2023 (englisch).
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  20. Jörg Lau: The Israel-Hamas War and the New World Order. ip-quarterly.com, 18. Oktober 2023, abgerufen am 8. Dezember 2023 (englisch).
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  63. Emanuel Fabian: 2 lightly wounded as result of rocket fire on Ashkelon. The Times of Israel, 7. Oktober 2023, abgerufen am 22. Oktober 2023 (englisch).
  64. Emanuel Fabian: 2 seriously wounded in Rishon Lezion rocket attack. The Times of Israel, 7. Oktober 2023, abgerufen am 22. Oktober 2023 (englisch).
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  416. Eva Illouz: Wir lebten in einem Haus, das auf Sand gebaut ist. Israel konnte seine Bürger nicht schützen. Die Terrorattacke wird das Land verändern. In: Neue Zürcher Zeitung. 14. Oktober 2023, S. 46 (nzz.ch – online unter dem Titel: „Die Hamas hat am 7. Oktober nicht nur Hunderte von Menschen massakriert. Sie hat auch Illusionen ausgelöscht. Israel wird nicht mehr sein, was es bis dahin war“).
  417. Gabor Steingart: Was die Hamas gerade macht, ist an Idiotie kaum zu überbieten www.focus.de, 13. Oktober 2023
  418. Konstantin Sakkas: Der 7. Oktober. Willentlich entgrenzte, sadistische Gewalt, Analyse, Tagesspiegel, Wissenschaft, 26. Oktober 2023, S. 12, online 25. Oktober 2023 (Paywall).
  419. Silke Arning: „Der schlimmste Tag des Landes seit 1948“ – Der israelische Historiker Tom Segev im Stuttgarter Literaturhaus. swr.de, 14. November 2023, abgerufen am 22. November 2023.
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  421. Volker Weiß: Massaker und Message www.sueddeutsche.de, 30. Oktober 2023
  422. Erica Zingher: Und was ist mit den Israelinnen? taz.de, 24. November 2023
  423. Jackie Hajdenberg: UN Women deletes X post statement condemning Hamas attack in Israel. In: The Jerusalem Post. 28. November 2023, abgerufen am 2. Dezember 2023 (englisch).
  424. Shilva Weil: Femicide and Hamas: The new war has women at the center of slaughter – opinion. In: jpost.com, 17. Oktober 2023, abgerufen am 1. Dezember 2023.
  425. Elisabeth Hausen: Historiker Jeffrey Herf: „Wer die Hamas-Charta kennt, war nicht überrascht“. Israelnetz, 19. Oktober 2023
  426. a b c Sebastian Leber: Drei Monate nach den Massakern des 7. Oktober: Versuchte Geschichtsfälschung im Zeitraffer. Tagesspiegel Online, 6. Januar 2024, abgerufen am 5. Februar 2024.