Gerichte in Österreich in der Zeit des Nationalsozialismus
In Österreich in der Zeit des Nationalsozialismus wurde die Gerichtsorganisation in Österreich der in Deutschland angeglichen.
Allgemeines
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nach dem Anschluss Österreichs wurden nur kleinere Änderungen in der Gerichtsorganisation vorgenommen, da die Gerichtsorganisationen beider Staaten ähnlich waren. Am auffälligsten war die Umbenennung der Bezirksgerichte in Amtsgerichte und der Landesgerichte bzw. Kreisgerichte in Landgerichte.[1] Am 9. Februar 1939 wurden Oberösterreich und Salzburg aus dem Sprengel des Oberlandesgerichts Wien herausgelöst und an das neu geschaffene Oberlandesgericht Linz übertragen. An den Oberlandesgerichten wurden Sondergerichte eingerichtet.
Der Bundesgerichtshof arbeitete als Verwaltungsgerichtshof weiter. Mit § 6 der Siebenten VO über die Übertragung von Aufgaben und Befugnissen des Reichsstatthalters in Österreich (Österreichische Landesregierung) vom 11. Januar 1940[2] erfolgte seine Umbenennung in „Verwaltungsgerichtshof in Wien“. Mit der Bildung des Reichsverwaltungsgericht[3] wurde es dessen Wiener Außenstelle.
Der Jugendgerichtshof wurde 1939 aufgehoben und mit dem Landgericht Wien zusammengelegt[4].
Der Volksgerichtshof war auch für Österreich zuständig.
Nach dem „Vorbild“ des Reiches wurden 1939 auch Erbgesundheitsgerichte eingerichtet.[5]
Für Österreich war das SS- und Polizei-Gericht München zuständig (siehe SS-Hauptämter#Hauptamt SS-Gericht).[6]
Auf Kreis-, Gau- und Reichsebene waren NSDAP-Parteigerichte eingerichtet.[7]
Weiterhin bestanden Militärgerichte, Standgerichte, Volkssturmgerichte und Arbeitsgerichte.
Liste der Gerichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Oberste Gerichtshof gab seine Funktion an das Reichsgericht ab.
Die bestehenden drei Oberlandesgerichte blieben bestehen, das OLG Linz wurde neu geschaffen:
Darunter waren folgende Landgerichte eingerichtet:
Landgericht | Sitz | Oberlandesgericht |
---|---|---|
Landgericht Graz | Graz | Oberlandesgericht Graz |
Landgericht Klagenfurt | Klagenfurt | Oberlandesgericht Graz |
Landgericht Leoben | Leoben | Oberlandesgericht Graz |
Landgericht Feldkirch | Feldkirch | Oberlandesgericht Innsbruck |
Landgericht Innsbruck | Innsbruck | Oberlandesgericht Innsbruck |
Landgericht Salzburg | Salzburg | Oberlandesgericht Innsbruck |
Landgericht Linz | Linz | Oberlandesgericht Linz |
Landgericht Ried | Ried | Oberlandesgericht Linz |
Landgericht Steyr | Steyr | Oberlandesgericht Linz |
Landgericht Wels | Wels | Oberlandesgericht Linz |
Landgericht Korneuburg | Korneuburg | Oberlandesgericht Wien |
Landesgericht Krems | Krems | Oberlandesgericht Wien |
Landgericht St. Pölten | St. Pölten | Oberlandesgericht Wien |
Landgericht Wien | Wien | Oberlandesgericht Wien |
Landgericht Wiener Neustadt | Wiener Neustadt | Oberlandesgericht Wien |
Landgericht Znaim | Znaim | Oberlandesgericht Wien |
Das Landgericht Znaim war Teil des Sudetenlandes. Nach der Bildung des Oberlandesgerichtes Leitmeritz 1939 wurde es aber nicht dessen Sprengel, sondern dem des Oberlandesgerichtes Wien zugeordnet.
Darunter waren folgende Amtsgerichte eingerichtet:
Die Amtsgerichte Dornbirn, Innsbruck, Klagenfurt, Judenburg, Graz, Linz, Steyr, Wels, Wien und Salzburg waren zugleich Gewerbegericht, die Landgerichte Graz, Klagenfurt, Leoben, Salzburg, Steyr, Wien und Innsbruck gleichzeitig Berggericht.
Nach 1945
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Mit dem Gesetz zur Wiederherstellung der österreichischen Gerichtsorganisation (Gerichtsorganisationsgesetz 1945 – GOG 1945)[8] wurde die am 13. März 1938 bestandene Organisation der Gerichte, staatsanwaltschaftlichen Behörden und sonstigen Justizanstalten Österreichs wieder hergestellt.
Rechtsquellen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Verordnung über die Rechtspflege in Österreich vom 22. März 1938, Deutsches RGBl. I S. 301 (G. Bl. f. d. L. Ö. Nr. 20/1938)
- Der Erlaß zur Überleitung der Rechtspflege im Lande Österreich auf das Reich vom 23. April 1938, Deutsches RGBl. I S. 413 (G. Bl. f. d. L. Ö. Nr. 101/1938)
- Verordnung über die Änderung der Bezeichnung von Gerichten im Lande Österreich vom 2. August 1938, Deutsches RGBl. I S. 998 (G.Bl. f. d. L. Ö. Nr. 350/1938)
- Verordnung über die Zuständigkeit der Gerichte in Handelssachen im Lande Österreich vom 9. Februar 1939, Deutsches RGBl. I S. 195 (G. Bl. f. d. L. Ö. Nr. 240/1939), online
- Verordnung zur weiteren Überleitung der Rechtspflege im Lande Österreich und in den sudetendeutschen Gebieten vom 28. Februar 1939, Deutsches RGBl. I S. 358 (G. Bl. f. d. L. Ö. Nr. 307/1939)
- Verordnung zur Änderung der Gerichtsgliederung im Lande Österreich vom 13. April 1939, Deutsches RGBl. I S. 751 (G. Bl. f. d. L. Ö. Nr. 522/1939), online
- Vierte Abschnitt der Verordnung über Maßnahmen auf dem Gebiete der Gerichtsverfassung und der Rechtspflege vom 1. September 1939, Deutsches RGBl. I S. 1658 (G. Bl. f. d. L. Ö. Nr. 1244/1939)
- Verordnung zur Ergänzung der Verordnung über Maßnahmen auf dem Gebiete der Gerichtsverfassung und der Rechtspflege vom 20. Dezember 1939, Deutsches RGBl. I S. 2459
- Verordnung über die Zuständigkeit der Strafgerichte in den Reichsgauen der Ostmark vom 20. März 1941, Deutsches RGBl. I S. 164
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Norbert Klatt: Zum Verhältnis des österreichischen und deutschen Strafrechts in der Zeit des Nationalsozialismus, 2009, ISBN 978-3-928312-27-1, S. 70–80, online
- Die Gerichtsorganisation des Deutschen Reiches vom 1. Januar 1944, Verlag Beamtenpresse, Berlin, 1944
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ VO über die Änderung der Bezeichnung von Gerichten im Lande Österreich vom 2. August 1938 (RGBl. I, S. 998 / GBlfdLÖ. Nr. 350 / 1938)
- ↑ RGBl. I, S. 55
- ↑ Führererlass vom 3. April 1941 [RGBl. I 1941, 201]
- ↑ „VO zur Änderung der Gerichtsgliederung im Lande Österreich“ vom 13. April 1939 (RGBl. I, S. 751–752 / GBlfdLÖ. Nr. 522 / 1939)
- ↑ VO über die Einführung des Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses und des Gesetzes zum Schutze der Erbgesundheit des deutschen Volkes in der Ostmark vom 14. November 1939 (RGBl. I, S. 2230–2232 / GBlfdLÖ. Nr. 1438 / 1939)
- ↑ VO über eine Sondergerichtsbarkeit in Strafsachen für Angehörige der SS und für die Angehörigen der Polizeiverbände bei besonderem Einsatz vom 17. Oktober 1939 (RGBl. I, S. 2107–2108) und Ersten VO zur Durchführung der VO über eine Sondergerichtsbarkeit in Strafsachen für Angehörige der SS und für die Angehörigen der Polizeiverbände bei besonderem Einsatz vom 1. November 1939 (RGBl. I, S. 2293–2296)
- ↑ Gesetz zur Sicherung der Einheit von Partei und Staat vom 1. Dezember 1933 (RGBl. I, S. 1016)
- ↑ StGBl. Nr. 47/1945, vom 9. Juli 1945, S. 67–70.